Das Bild des Künstlers im zeitgenössischen englischen Roman
Untersuchungen zum Problem von Künstlertum und Mediokrität in Iris Murdochs "The Black Prince", Anthony Burgess' Enderby-Zyklus und John Fowles' "Daniel Martin"
Dagmar Flinspach
Seit dem Aufkommen des Künstlerromans gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Deutschland gehören Künstler aller Art zum festen Figurenrepertoire der internationalen Literatur. Anhand ausgewählter englischer Romane der Gegenwart wird in dieser Arbeit detailliert untersucht, welches Künstlerbild in zeitgenössischen Romanen vorherrscht und inwiefern sich dieses Künstlerbild von denen früherer Epochen unterscheidet. Ein radikal veränderter Kunstbegriff und die Desavouierung des Subjektbegriffs durch den Poststrukturalismus sind in diesem Zusammenhang von zentraler Bedeutung. Symptomatisch für das Selbstverständnis des zeitgenössischen Künstlers ist außerdem dessen zwiespältiges Verhältnis zur künstlerischen Tradition, das zwischen Bewunderung und Minderwertigkeitsgefühl anzusiedeln ist. Das Wechselspiel von künstlerischer Traditionsverbundenheit und Innovationswunsch schreibt sich in die Figurenkonzeption und Plot-Struktur der Romane selbst ein. Bei allen untersuchten Texten können daher sowohl Elemente des traditionellen Künstlerromans als auch der zeitgenössischen Metafiktion nachgewiesen werden. Dabei, das belegen die Textanalysen, reden sie aber der Postmoderne keineswegs das Wort, sondern erteilen ihr im Gegenteil eine ironische Absage. Schließlich kulminiert die Auseinandersetzung des zeitgenössischen Künstlers mit der künstlerischen Tradition in einem Rückgriff auf mythische Identifikationsmodelle. Doch die Wahl der zeitgenössischen Künstler fällt nicht auf die romantische Identifikationsfigur Prometheus, sondern auf den von Apoll im künstlerischen Wettstreit besiegten Satyr Marsyas, der in der Interpretation des zeitgenössischen Künstlers zur Symbolgestalt künstlerischer Mediokrität ‚verformt‘ wird.