Das Dunkel
Journalberichte über das Malen in der Nacht
Silke Silkeborg
Im Buch werden 42 Nächte (Malnächte) – zwischen dem 2. August und dem 20. November 2009 – aufgezeichnet und geschildert. Genaue Angaben zur Arbeitszeit, zum Ort, zur Wetter- und Sichtlage leiten jeden Bericht ein, der eine oder mehrere Textseiten umfasst.
Die Malerin sucht sich Stellen aus, die einerseits ein günstiges Malmotiv bieten, andererseits womöglich menschenleer sind. Sie möchte von niemandem entdeckt, besucht oder gestört werden. Ihre Aufzeichnungen verraten, dass das einsame Arbeiten in nächtlicher Außenwelt nicht immer angstfrei verläuft. Da sie sich mit ihren Lampen – ein großer Leuchtkäfer – immer selber anzeigt, ist ihre Angst nicht unbegründet.
Silke Silkeborg kommt immer wieder auf die kleinen Fehlschläge in ihrem Nachtmaldispositiv zu sprechen: zu viel Licht oder zu wenig Licht, Ausfall der Lampe – ganz zu schweigen vom Wind oder gar vom Regen, der die Aufstellung der Leinwände erschwert oder torpediert. Die Logistik des Unternehmens, die Aufrechterhaltung der anspruchsvollen Situation, in der Nachtmalen überhaupt möglich ist, erfordert Schwerarbeit, die noch dazu zu ungewöhnlichen Arbeitszeiten stattfinden muss.
Und zwar muss diese Schwerarbeit eine Situation sicherstellen, in der „Feinarbeit“ geleistet wird, welche darin besteht, das Sehen im Dunkel, das im Dunkel Gesehene in Kleinformat auf ein Stück Leinwand, manchmal auch auf größere miteinander kombinierte Leinwände zu übertragen oder vielmehr dort neu zu erzeugen. Im Text des Buches werden gelegentlich auch Maler erwähnt, darunter mehr oder weniger avantgardistische des 20. Jahrhunderts, denen die Malerin gerade nicht folgt, weil jene nämlich gern schwarze Farbe kauften und diese auf die Bildfläche transportierten. Aber so malt man nicht gesehenes Dunkel.
Auszug aus dem Nachwort von dem Wiener Philosophen Walter Seitter: „Schwerarbeit, Feinarbeit, Nächtebuch – Zu Silke Silkeborgs Nachtmalen“