Das Edda-Projekt der Brüder Grimm
Hintergrund, Analyse und Einordnung
Christof Seidler
Die Brüder Grimm befassten sich im Rahmen ihrer vielfältigen Studien auch mit der altnordischen Sprache und Literatur. Die Beschäftigung mit der Lieder-Edda, in der die Nibelungensage in nordischer Ausprägung festgehalten und überliefert ist, bezeichnete Wilhelm Grimm im Jahr 1812 gar als seine und Jacobs ›Hauptsache‹, obwohl sie in genau diesem Jahr den ersten Band ihrer weitaus bekannteren »Kinder- und Hausmärchen« abschlossen. Jacob und Wilhelm Grimms gemeinsame Arbeit an der Textedition und deutschen Übersetzung der eddischen Heldendichtung des Codex Regius mündete schließlich in ihre 1815 erschienene Publikation »Lieder der alten Edda«. Außerdem sind im Nachlass Grimm umfassende Vorarbeiten und Ausarbeitungen zu geplanten weiteren zwei Bänden zu finden.
Die vorliegende Untersuchung befasst sich erstmals eingehend mit diesem weniger geläufigen Projekt der Brüder Grimm, bei dem die beiden Gelehrten mehrere altnordische Heldenlieder erstmalig ins Deutsche übertrugen. Zahlreiche Spuren ihrer gründlichen Arbeiten können in nachfolgenden Übersetzungen und Editionen der Lieder-Edda durch die Jahrzehnte hindurch verfolgt und auch noch in aktuellen Ausgaben gefunden werden. Im Rahmen der wissenschaftlichen Rezeption der Grimmschen Edda-Studien griffen spätere Herausgeber und Übersetzer auch grundlegende Aspekte der Forschungsergebnisse der Brüder auf. Das Edda-Projekt der Brüder Grimm hat bis in die Gegenwart Einfluss auf die Beschäftigung mit diesem nordeuropäischen Beitrag zur Weltliteratur.