Das Künstlerbuch vom antiken Prachtkodex bis zum Livre d’artiste der Avantgarden
Untersuchungen zur Tradition, Rezeption und Innovation einer intermedialen Gattung
Ulrich Ernst, Susanne Gramatzki
Gegenstand der interdisziplinär angelegten Untersuchungen ist das Künstlerbuch als Synthese aus Sprachkunst, Bildkunst und Buchkunst in historischer Dimension. Frühe Formen sind das ägyptische Totenbuch im Medium der Papyrusrolle mit Verbindung von Hieroglyphenschrift und Vignetten, die hellenistischen Technopägnien als schriftmalerische Konstrukte in der Überlieferung der Anthologia Graeca und vor allem die buchmediale Panegyrik des Optatianus Porfyrius auf Kaiser Konstantin mit Kalligraphie in Gold- und Silberschrift und mit in den Text eingelegten farbigen Figuren. Während Hrabanus Maurus in der Karolingerzeit mit seinem buchkünstlerisch einzigartigen mittellateinischen Lob des christlichen Kreuzes hervortritt, verbreiten sich auch in der volkssprachigen Epik seit dem Hochmittelalter kunstvolle Buchinszenierungen mit Illuminationszyklen, wie das Beispiel des Sandro Botticelli zeigt, der in der Renaissance einen Dante-Kodex mit 93 Zeichnungen ausstattet. Nachdem die intermediale Ästhetik des Barock durch den Manierismus geprägt ist, für den Autoren wie Marino und Grimmelshausen stehen, übt im 18. Jahrhundert Laurence Sterne durch die revolutionäre Typographie seines Tristram Shandy große Wirkung auf die Moderne aus. Den innovativen Typus des experimentellen Livre d’artiste verkörpert in der Zeit der Avantgarden das Simultanbuch La Prose du Transsibérien von Blaise Cendrars und Sonia Delaunay.
Der Band enthält reiches, sorgfältig ausgewähltes Bildmaterial und weist eine den transepochalen, interkulturellen und hybriden Charakter der Gattung prononcierende Schlussbetrachtung auf.