Das Lernfeldkonzept der beruflichen Bildung im Spannungsverhältnis zwischen bildungstheoretischem Potenzial und bildungsplanerischer und didaktischer Implementierung
Gerald Hubacek
Die Einführung der lernfeldstrukturierten Rahmenlehrpläne für die Berufsschule 1996 war das größte Curriculum-Reformprojekt, das je in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt wurde. Mit dem Lernfeldkonzept versuchte die Kultusministerkonferenz (KMK), die Leitidee einer modernen Berufsbildung „Befähigung zur Mitgestaltung der Arbeitswelt in sozialer, ökologischer und ökonomischer Verantwortung“ in die Berufsbildungspraxis zu transformieren. Die Arbeit untersucht, ob und wie es gelungen ist, die traditionelle Fachsystematik abzulösen und das neue Potential des Lernfeldkonzepts zu implementieren.
Das Potenzial des gestaltungsorientierten Lernfeldansatzes liegt in der Operationalisierung der o. g. Leitidee. Die KMK hat diese Leitidee 1991 auf Empfehlung der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Zukünftige Bildungspolitik — Bildung 2000″ als Bildungsziel in die Rahmenvereinbarung der Berufsschule aufgenommen. Für die Übersetzung von Leitideen und Bildungszielen in die Berufsbildungspraxis empfiehlt die Berufsbildungsforschung die Entwicklung eines Kompetenzmodells. Die KMK hat es aber versäumt, diesen wichtigen Entwicklungsschritt zu gehen.
Erst dem hessischen Innovationsprojekt KOMET ist es gelungen, mit der Methode der holistischen Kompetenzdiagnostik (2007 bis 2010), das Lernfeldkonzept didaktisch umzusetzen und die Leitidee beruflicher Bildung in die Berufsbildungspraxis zu übertragen. Wie den Lehrkräften und Ausbildern diese Umsetzung gelingt, beschreibt diese Studie.
Die Erkenntnisse dieser Untersuchung weisen zudem darauf hin, dass nachhaltige Wirkungen von Innovationsprojekten nur gelingen, wenn die Innovationsträger Berufsbildungspolitik und -verwaltung, Berufsbildungsforschung und Berufsbildungspraxis Hand in Hand zusammenarbeiten. Bei der Einführung des Lernfeldansatzes waren diese Gelingensbedingungen nicht gegeben.
Eignen sich aber die Lehrkräfte und Ausbilder das KOMET-Kompetenzmodell als didaktisches Modell an, kann eine nachhaltige Umsetzung des Lernfeldansatzes gelingen. In dieser Abhandlung finden sie zweckmäßige Maßnahmen zur Steuerung und Gestaltung beruflichen Lernens, um die Unterrichtsqualität im Sinne des KMK-Reformprozesses zu steigern.