Das Politische der Verfassungsgerichtsbarkeit im Vergleich
Robert Chr. van Ooyen
In der Verfassungsgerichtsbarkeit haben sich zwei Typen herausgebildet: US-Supreme Court und „Kelsen-Modell“, dem das BVerfG folgt. Hans Kelsen hatte in der Kontroverse mit Carl Schmitt einen klaren Blick für das „Politische“ der Justiz im Prozess von „checks and balances“ einer plu-ralistischen Demokratie. Klarer, jedenfalls im Vergleich zur deutschen Diskussion, ist auch die Wahrnehmung des Politischen der Verfassungsgerichtsbarkeit in den USA.
Ob Supreme Court, BVerfG oder EuGH – alle mächtigen Verfassungsgerichte sind im jeweiligen politischen System Akteure, die zu „Selbstermächtigung“ und „Entgrenzung“ neigen. Beim BVerfG zeigen sich zudem: „Etatismus“, „Demokratietheorie-Defizit“, „unscharfe Auslegungen“, Schlag-seiten in seiner Zusammensetzung und inhaltlich: wenig „Europafreundlichkeit“. Das Berliner Ver-fassungsgericht wiederum ist ein „verspätestes“ Verfassungsorgan. Seine Bedeutung im politischen System ist – insoweit typisch für die Länderebene – nachrangig geblieben.