Das Privatrecht im Kaukasus und in Zentralasien
Bestandsaufnahme und Entwicklung
Lado Chanturia, Rolf Knieper, Hans-Joachim Schramm
Die Transformation der Nachfolgestaaten der ehemals kommunistischen Welt in Richtung auf eine rechtsstaatliche, demokratische und marktwirtschaftliche Ordnung gehört zu den herausragenden Ereignissen an der Schwelle des 21. Jahrhunderts. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen dabei jedoch neben den ostasiatischen Staaten vor allem die westlichen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. Dem gegenüber ist das Wissen über die neu entstandenen Staaten des Kaukasus und Zentralasiens trotz ihrer strategischen Bedeutung und ihrer Mittlerfunktion zwischen West und Ost eher begrenzt. Mit Unterstützung der VolkswagenStiftung haben es sich daher die Autoren auf der Grundlage ihrer Erfahrungen als Rechtsberater und in Zusammenarbeit mit Spezialisten aus der Region zur Aufgabe gemacht, einen Bericht über den aktuellen Stand der Entwicklung des Zivilrechts in diesen Ländern zu erstellen. Er soll Aufschluss geben über das Erreichte, aber auch über Defizite und offene Fragen. Dabei folgen die Autoren keinem länderspezifischen Ansatz, sondern die Arbeit ist themenbezogen gegliedert, wodurch es möglich wird, in einem größeren Maße die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Rechtsentwicklung herauszuarbeiten. Zu den untersuchten Themen gehören zunächst die klassischen Gebiete des Zivilrechts wie etwa die juristischen Personen, das Schuld- und Sachenrecht sowie das Kreditsicherungsrecht. Darüber hinaus werden aber auch Fragen aufgegriffen, die für die Rechtsentwicklung insgesamt von Bedeutung sind, wie etwa Privatisierung und Juristenausbildung. Die wesentlichen Ergebnisse liegen in der Erkenntnis, dass die Rechtsordnungen dieser Staaten am ehesten dem kontinentaleuropäischen Rechtskreis zugeordnet werden können, ohne dass ein bedeutender Einfluss anderer Rechtsordnungen, insbesondere auf wirtschaftsrechtlichem Gebiet, damit in Abrede gestellt werden soll. Aber die Übernahme einer Methode, die an die kontinentaleuropäischen Prinzipien bei der Schaffung und der Anwendung kodifizierten Rechts anknüpft, ist offenkundig. Der Grund hierfür liegt in der fortdauernden Wirkkraft des russischen Rechts, über das viele Gedanken und Institute aus dem Recht Kontinentaleuropas ihren Weg bis nach Zentralasien gefunden haben. Weitere Erkenntnisse beziehen sich einerseits auf die Schnelligkeit, mit der die Rechtsentwicklung voranschreitet, andererseits aber auch auf die partiell fortbestehende Divergenz von ‚geschriebenem‘ und ‚gelebtem Recht‘. Das Buch bietet daher nicht nur einen erstmaligen systematischen Überblick über das Zivilrecht dieser Länder, sondern auch eine Fülle von Erkenntnissen zu den allgemeinen Fragen der Transformation einer Rechtsordnung und den Zusammenhängen von Recht und Entwicklung.