Das Schicksal der Metaphysik von Thomas zu Heidegger
Gustav Siewerth
Neu herausgegeben zum 100. Geburtstag des Verfassers 2003.
Fragt man sich, was Siewerths weit angelegtem Werk auf mehr als fünfhundert Seiten die nirgends nachlassende Spannung verleiht, obschon es in einem seltsam verschlungenen Spiralgang genau auf demselben Punkt zu enden scheint, von dem die Untersuchung ausgegangen war, nur – und das allerdings ist entscheidend – auf einer unvergleichlich höheren Stufe der Selbstdurchdringung der eigenen Position, so liegt die Antwort bereits in der Feststellung, dass hier ein Denken, das bestimmt und getragen ist von der «dialektisch nicht bewegbaren Positivität des Seienden», sich rückhaltlos der Erfahrung der «Geschicklichkeit» des Denkens, des Denkens des Seins stellt, die spätestens seit Heidegger zum unumgänglichen Problem geworden ist. – Siewerth weist im Vorwort selbst darauf hin, dass sein Werk ursprünglich als Auseinandersetzung mit dem, «was in Heideggers Schriften über Erfahrung und Denken des Göttlichen, der Götter, des Gottes und Gottes ausgesagt war», auf dem Hintergrund der Gotteslehre Thomas von Aquins konzipiert war. Und es kann wohl kein Zweifel sein, dass der dritte Teil des Werks, der die «Frage nach Gott» thematisch stellt, an spekulativer Dichte die durchgehends dichte Darstellung des Ganzen womöglich noch überbietet. Die «Frage nach Gott» stellen, angesichts der «Geschichtlichkeit» des Seinsdenkens und im Bewusstsein des «Geschicks der Seinsvergessenheit», in dem die abendländische Metaphysik seit ihren griechischen Anfängen steht, heißt, in aller Ausdrücklichkeit das Problem von Sein und Freiheit aufwerfen…