Das Suizidmotiv in der deutschsprachigen Literatur
Annette Graefe-Ewald
Ob Werther, Fräulein Else oder Georg Bendemann – zahlreiche literarische Figuren nehmen sich das Leben. Die Dissertation folgt dem Suizidmotiv durch rund 350 Jahre der neueren deutschsprachigen Literaturgeschichte. Anhand von über 90 dramatischen und epischen Texten wird das breite Spektrum des Motivs hinsichtlich Gestaltung, Darstellung und Funktion erfasst. Erstmals in der Forschung zum Suizid in der Literatur entsteht so eine ausführliche Motivgeschichte.
Das Phänomen der Selbsttötung löst seit jeher widersprüchliche Reaktionen aus. Inwieweit steigen die Autoren in die kontroversen Diskussionen um Für und Wider ein? Beziehen sie mit ihren Texten primär Stellung zum Suizid? Um diese Fragen zu beantworten, betrachtet die Dissertation auch die außerliterarische Suiziddebatte. Von Platon und Augustinus über Immanuel Kant und Émile Durkheim bis hin zu Erwin Ringel und Jean Améry werden die Argumentationen von Theologen, Philosophen, Soziologen und Psychologen beleuchtet. Die gesellschaftliche und juristische Praxis sind ebenfalls Teil der Studie.
Indem wissenschaftliche und lebenspraktische Faktoren miteinander verknüpft werden, entsteht ein Überblick der zentralen Entwicklungen im Umgang mit dem Suizid. Die literarischen Texte stehen hierzu in einem dynamischen Wechselverhältnis. Gleichzeitig gestalten Autoren wie Johann Wolfgang von Goethe, Arthur Schnitzler oder Juli Zeh die poetische Selbsttötung entsprechend ihrer kreativ-künstlerischen Programmatik.