Das Treibhaus, das per U-Bahn kam
Bautechnische Grundlagen
Ludloff Jens
Ein Selbstbauprojekt von 160 Studenten
Im Modul »Bautechnische Grundlagen« der Fakultät für Architektur und
Stadtplanung an der Universität Stuttgart erhalten die Studierenden in
ihren ersten beiden Studiensemestern eine Einführung in die Welt der
(Bau-) Konstruktion. Der 2014 gegründete Lehrstuhl für Nachhaltigkeit,
Baukonstruktion und Entwerfen vermittelt Nachhaltigkeit als Kulturtechnik.
Im Wintersemester, dem 1. Studiensemester des Jahrgangs, wurden in
der Aufgabe »Die Materie der Stadt« bauanatomische Schnitte durch
die Stadtbaugeschichte von Stuttgart vorgenommen. Im Vergleich von
ca. 60 aufgenommenen und in Dreitafelprojektion dokumentierten Gebäuden
vom Mittelalter bis zur Gegenwart wurde die Entwicklung der
Bautechnologie erlebbar. Durch die Vergegenwärtigung von Bautradition
und gesellschaftspolitischem Kontext wurde die gebaute Stadt sowohl als
soziale als auch als materielle Ressource verstanden. Der mit den Studierendenarbeiten
erstellte Katalog dient den Studierenden seither als selbst
erstelltes Lehrbuch weit über das Grundstudium hinaus.
In der Kenntnis historischer und aktueller Baustoffe und ihrer Fügungstechniken
– der »Materie der Stadt« – wird deutlich, dass es einer
grundlegend neuen Kulturtechnik bedarf, die sich der Begrenztheit der
Ressourcen unseres Planeten auf aktuelle Weise stellt. Die Diskrepanz
zwischen dem Wissen und der faktischen, aktuellen Stadtproduktion
macht deutlich, dass es eines Traditionsbruchs bedarf, der die ritualisierten
Handlungsweisen in eine Kultur der Nachhaltigkeit überführt.
Um den Klimawandel zu verlangsamen müssen wir unsere Bautätigkeit
zwingend umstellen. Holz ist hierfür das ideale Material und bietet als
konstruktiver Baustoff die Chance eine ökologische und soziale Zeitenwende
zu gestalten, wenn es parallel als Methode, begriffen wird, eine Architektursprache
entwickelt, welche das Bauen als Ausdruck des Sozialen
begreift. Unter Beachtung lokaler Ressourcen und Wertschöpfungsketten
muss das Bauen das werden, was die Moderne einst versprach: Ein
„echtes Lebensmittel“ zu sein, welches dazu dient unsere Welt ins Gleichgewicht
zu bringen. Dies scheint heute wichtiger denn je – Bauen, Klima
und Soziales sind nicht zu trennen.
Prof. Jens Ludloff