Das, was von uns weggeht
Abwesenheit, Zeit und das Wandermotiv in der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts.
Carlos Idrobo
Die Darstellung des Abschieds zählt seit der Antike zu den großen Themen in der bildenden Kunst, ebenso wie in Musik und Literatur. Insbesondere der Aufbruch des Wanderers am Beginn seiner Reise mit oftmals unbestimmtem Ziel hat unzählige bedeutende Maler und Zeichner beschäftigt und auch den Betrachter zu philosophischen Überlegungen herausgefordert:
Wie erscheint das, was von uns weggeht? Zu Beginn der Wanderschaft ist das Gesicht des Wanderers noch erkennbar, bald nur sein Profil, bald der Rücken. Langsam bewegt er sich in die Anonymität und seine individuellen Charakterzüge verschwinden. Zurück bleibt das Bild einer Rückenfigur – scheinbar bewegungslos und dennoch im Aufbruch. Und alles, was wir erfahren, ist eine Erwartung des Moments, in dem der Wanderer tatsächlich verschwindet oder wieder zurückkehrt.
Anhand von 7 Darstellungen des Wanderers als Rückenfigur bei Moritz von Schwind, Carl Gustav Carus, Carl Spitzweg, Caspar David Friedrich und Arnold Böcklin untersucht Carlos Idrobo den ästhetischen Zusammenhang von Wandern, Abwesenheit und Zeit in der Malerei des 19. Jahrhunderts. Dabei bewegt sich seine Studie auf dem Mittelweg zwischen Kunstgeschichte und Philosophie, bezieht auch Erkenntnisse aus Tanz-, Musik- und Literaturwissenschaft souverän mit ein und ermöglicht so einen zeitgenössischen Blick auf kanonische Werke der Kunstgeschichte.