Das Wirkungsprivileg des Vergleichsvertrages
Dargestellt am Wettbewerbs- und Mitbestimmungsrecht
Michael Ehlke
Die Bestimmung zwingenden Rechts ist ein eigenständiges methodenrechtliches Problem mit regelungstechnischem Einschlag, bei dessen Behandlung die Befriedungsfunktion der Rechtsordnung beachtet werden muss. Die Friedensfunktion verwirklicht sich insbesondere durch ein Wirkungsprivileg für Vergleiche, das sich als Begrenzungsfaktor für zwingende Rechtswirkungen darstellt. Der in 779 BGB geregelte Vertragstypus ist abweichend von anderen gegenseitigen Verträgen mit einer Geltungspäferenz versehen, da er dem Ausgleich widerstreitender Interessen dient und ein institutionelles Befriedungsmoment enthält. Dieser Idee ist der BGH im Ergebnis gefolgt, indem er in drei Entscheidungen Verträge von der Sanktion wettbewerbsrechtlicher Verbotsvorschriften ( 1 GWB) ausgenommen hat, soweit die Vereinbarung zur Beilegung ernsthafter und objektiver Zweifel an der bestehenden Rechtslage geschlossen war. Die Analyse dieser Entscheidungen belegt ein Wirkungsprivileg von Vergleichsverträgen. Im Anschluss wird untersucht, inwieweit Vergleichsverträge geeignet sind, die hinsichtlich des Mitbestimmungsgesetzes 1976 bestehenden Probleme über den Regelungsgehalt zu lösen. Dabei ist festzustellen, dass zwingende Regelungswirkungen im MitbG 1976 relativ schmal ausgebildet sind und für privatautonome Gestaltungsmassnahmen nur geringe Beschränkungen bestehen. Daneben haben die Betroffenen des MitbG die Möglichkeit, etwaige (objektive und ernsthafte) Zweifelsfragen über den zwingenden Gehalt – vor allem soweit dieser sich auf das unklare Gesetzestelos stützt – im Wege einer Vergleichsvereinbarung und damit unter dem besonderen Schutz der Gültigkeitsgarantie dieses Vertragstyps, zu beheben.