David Kalisch – drei jüdische Possen
Georg-Michael Schulz
Wie in Wien so erlebt auch in Berlin, Frankfurt, Darmstadt und andernorts das volkstümliche Unterhaltungstheater im 19. Jahrhundert eine Blütezeit mit der Posse als der dominierenden Gattung. In Berlin gibt David Kalisch der bereits etablierten Gattung ein deutlich prägnanteres Profil, nämlich mittels seines satirischen Witzes und durch oft verdeckte, aber für Eingeweihte erkennbare politische Bezüge – vor allem vor und in der Zeit der März-Revolution –, so dass er verschiedentlich sogar als „Vater der Berliner Posse“ bezeichnet wird. Wenn bis dahin Juden zumeist in Nebenrollen und vielfach als lächerliche und verspottete oder als moralisch zweifelhafte Figuren auftreten, so ist das bei Kalisch nicht grundsätzlich anders, obwohl er selbst jüdischer Herkunft ist. Allerdings ist es just ihm zu verdanken, wenn in einer bis ins 20. Jahrhundert hinein erfolgreichen Posse – „Einer von unsere Leut’“– eine rein positiv gezeichnete jüdische Hauptfigur begegnet und Aspekte des Lebens von Juden in der nicht-jüdischen Umgebung in Deutschland thematisiert werden. Die hier zusammengestellten Stücke bieten das ganze Spektrum unterschiedlicher jüdischer Figuren in Kalischs Stücken.