Dekapitation
Anton Thiel
Die Ausstellung und das Buch gehen auf ein prägendes Erlebnis im Tuol-Sleng-Genozid-Museum in Phnom Penh zurück. Plötzlich erinnerte ich mich, wie mein Vater vor 50 Jahren kurz über seine Erlebnisse in einem Internierungslager des kommunistischen Jugoslawiens gesprochen hatte, die Foltermethoden schilderte und mit Dankbarkeit eine ihm fremde Frau erwähnte, die couragiert eingeschritten war, als ein hasserfüllter Mob gerade dabei war, ihn zu Tode zu prügeln. Er hat auch eine Geschichte erwähnt, wo über 300 Gefangene lebend bis zum Hals eingegraben und durch eine darübergezogene Egge getötet worden seien.
Mit 99 überlebensgroß aus Ton modellierten Köpfen versuche ich nun diesen Eingegrabenen ihr Gesicht wiederzugeben. Mit Texten, die sich mit den Ereignissen 1945 in Jugoslawien beschäftigen, mit einem gefundenen Manuskript meines Vaters, der seine Verhaftung und die ersten Tage in der Gefangenschaft schildert und einem Zeitungsartikel zu dieser bis heute nicht verifizierten obszönen Massenhinrichtung stelle ich vor allem die Frage: Wie geht man mit solchen Erinnerungen um?