Der dunkle Mythos
Blut, Sex und Tod: Die Faszination des Volksglaubens an Vampyre
Hans Meurer
„Ich fühlte erst die zarte, zitternde Berührung ihrer weichen Lippen auf der überempfindlichen Haut meiner Kehle und dann die harten, scharfen Zähne, die mich berührten und darauf innehielten. Ich schloß die Augen in schlaffer Verzückung und wartete. wartete mit bangem Herzen.“ So schildert Jonathan Harker seine Begegnung mit den Vampyren in Transsylvanien, nachzulesen in dem wohl berühmtesten Vampyrroman: „Dracula“ von Bram Stoker, erschienen im Jahre 1897.
Der Vampyr ist mehr als eine platte Horrorgestalt, erfunden von zweitklassigen Schriftstellern oder Hollywood- Regisseuren. Die Gestalt des Vampyrs gibt es seit frühester Zeit und in allen Kulturen. Ihre Faszination ist bis heute ungebrochen. Sie gehört zu unseren Träumen und unseren heimlichen Phantasien. Sie ist eine Personifizierung des Bösen, des Unheimlichen und Unbekannten. Wo kommen sie her, diese Mythen und Träume? Was steckt dahinter? Hans Meurer, einer der renommiertesten Experten auf dem Gebiet der Vampyrforschung, folgt als Historiker, Psychologe und Philosoph den Spuren der Vampyre in der Kulturgeschichte des Abendlandes. Eine spannende Suche auf verschlungenen Pfaden, bei der er immer wieder auf die zentrale Frage des Lebens stößt: Werden und Vergehen, Sexualität und Tod. Dabei werden alttestamentarische Schriften genauso analysiert wie medizinische Gutachten des 18. Jahrhunderts. Meurer untersucht die Wirkung von Abwehrmitteln wie Knoblauch, Rosenzweig, Kreuz, Tageslicht und beleuchtet Krankheiten, die – wie man heute weiß – mit dem Vampyrismus in Zusammenhang stehen. Aufschlußreich und keineswegs zufällig ist auch die Körpersymbolik, die beim Biß in den Hals des Opfers eine Rolle spielt, denn Hals, Mund, Zähne, Zunge und Kuß haben eine ganz bestimmte psychologische Bedeutung. Den Abschluß bildet Graf Dracula und dessen historisches Vorbild, ein Fürst der Walachei aus dem 15. Jahrhundert.
Meurer wendet sich mit seinem (im besten Sinne) populärwissenschaftlich, aber durchaus anspruchsvoll gehaltenen Buch vor allem an den kulturhistorisch interessierten Laien und an die Liebhaber von Vampyrromanen. Aber auch Wissenschaftler verschiedener Fachgebiete, die sich mit der Erforschung von Mythen befassen, finden eine Fülle von bisher unbekannten Informationen und Anregungen, denn Meurer schöpft seine Kenntnisse und Erkenntnisse aus einer der umfangreichsten Sammlungen von Vampyrliteratur und Filmdokumenten, die er in den vergangenen zwanzig Jahren zusammengetragen hat. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.editionargus.de