Der Einfluß der Erhärtungsbedingungen auf die Kristallisationsformen des Calciumcarbonates
Paul Ney
Die Tatsache, daß mit Wasser angemachte breiförmige Mischungen von ge löschtem Kalk und Zuschlagstoffen wie etwa Sand nach dem Austrocknen all mählich fest werden und dann dauernd fest bleiben, war schon den Kulturvölkern des Altertums bekannt. Von den Karthagern übernahmen die Griechen und von diesen wieder die Römer die Kunst des Kalkbrennens und der Herstellung von Kalkmörteln. Die Frage nach der Ursache der Erhärtung von Kalkmörteln wurde schon sehr früh gestellt. Der zur Zeit Cäsars und Augustus‘ in Rom wirkende Architekt VITRUVIUS POLLIO versuchte in seinem Werk »De architectura« eine Erklärung zu geben, aber weder ihm noch den mittelalterlichen Alchimisten ge lang es, die Vorgänge richtig zu deuten oder zu erkennen. Wir wissen heute, daß die Erhärtung von Baukalkmörteln je nach ihrer stofflichen Zusammensetzung nach zwei ganz verschiedenen Reaktionswegen verlaufen kann und unterscheiden zwischen einer hydraulischen und einer karbonatischen Er härtung. Die hydraulische Erhärtung ist besonders ausgeprägt bei hochhydrau lischen Kalken und bei Zementen. Der vorliegende Forschungsbericht befaßt sich ausschließlich mit der karbonatischen Erhärtung und speziell mit den bei ihr statt findenden Kristallisationsvorgängen im Mörtel. Bevor eine Begründung für diese mineralogische Betrachtungsweise eines baustoffkundlichen Problems ge geben wird, erscheint es angebracht, kurz die bisherige Entwicklung der Kennt nisse auf dem Gebiet der karbonatischen Erhärtung aufzuzeigen.