Der Einfluss des Englischen auf das Deutsche
Zum sprachlichen Ausdruck von Interpersonalität in populärwissenschaftlichen Texten
Julia Probst
Mit dieser Arbeit wird untersucht, wie und auf welchen Ebenen das Englische das Deutsche beeinflusst, und zwar jenseits der allgemein wahrgenommenen „Bedrohung“ durch die „Invasion“ englischer Ausdrücke. Das Interesse liegt vielmehr auf dem Einfluss bzgl. sprachspezifischer Text- und Kommunikationskonventionen, die einen gewissen „Stil“ der jeweiligen Sprache offenbaren. Es besteht die Annahme, dass sich deutsche Konventionen durch die Vormachtstellung des Englischen mehr und mehr an englische Konventionen angleichen, genauer: Es wird angenommen, dass deutsche Muttersprachler bei der Vertextung bestimmter Genres den sonst im Englischen bevorzugten interpersonalen Fokus zunehmend adaptieren. Deutsche Texte sollen also verstärkt sprachliche Mittel aufweisen, die sowohl den Sprecher samt seiner persönlichen Einstellungen als auch den Hörer in seinen unterschiedlichen Rollen als Leser, Bürger, Mensch etc. identifizieren und in den Text einbinden. Um diese Hypothese zu überprüfen, werden am Beispiel englischer und deutscher Original- und Übersetzungstexte aus dem Genre „Populärwissenschaft“ sprachliche Mittel zum Ausdruck von Interpersonalität herausgearbeitet. Bei dem Korpus handelt es sich um eine diachron angelegte Textsammlung (1963-2003). Die Ergebnisse der kontrastiven Analysen zeigen, dass im Hinblick auf den Ausdruck von Interpersonalität tatsächlich ein Wandel stattgefunden hat, der einen englischen Einfluss nahe legt. Zwar ist ein Anstieg interpersonaler sprachlicher Mittel in beiden Sprachen abzulesen, jedoch ist diese Entwicklung im Deutschen – und dabei überraschenderweise eher in den monolingualen Texten als in den Übersetzungstexten – stärker als im Englischen, wo bereits in den frühen Texten vermehrte Vorkommen interpersonaler Sprachmittel nachgewiesen werden können. Die Ergebnisse werden allerdings nicht nur mit dem sprachlichen Einfluss begründet, sondern auch mit anderen Einflussfaktoren in Zusammenhang gebracht wie z. B. dem gegenwärtig zunehmenden Trend, Wissenschaft zu popularisieren und damit zu personalisieren.