Der ewige Kalte Krieg
Kubanische Interessengruppen und die US-Außenpolitik
Wilson Cardozo
Innerhalb der außenpolitischen Interaktion zwischen den USA und den Ländern Lateina- rikas gibt es keinen vergleichbaren Fall, der die Differenzen, die ideologische Konfronta- on, aber auch die kulturelle Annäherung und gegenseitige Einflussnahme so facettenreich widerspiegelt wie die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba. Die – genwärtige Gestaltung neuer Ansätze zur Lösung des bilateralen Konflikts, der schon über ein halbes Jahrhundert besteht, wird durch verschiedene historische Ereignisse kondit- niert. Die kulturelle Verbundenheit beider Länder, die nicht nur durch die geographische Nähe entstanden ist, sondern auch durch den US-amerikanischen Einfluss zu Zeiten der kubanischen Nationsbildung und der damit verknüpften Auseinandersetzung um die Un- hängigkeit der Insel, die gleichzeitig von einer nachhaltigen Migrationsbewegung begleitet war, führte im Laufe der Jahrzehnte zur Etablierung kubanischstämmiger Gruppierungen in den USA. Diese bilden zum einen auf Grund ihrer erfolgreichen Integration in die soz- politischen und ökonomischen Strukturen der Vereinigten Staaten, die durch die – amerikanischen Regierungen begünstigt wurde, und zum anderen wegen ihrer demograp- schen Konzentration in der Region Floridas einen Referenzpunkt für eine erfolgreiche – teiligung einer ethnischen Minderheit an der Gestaltung, Einflussnahme und Ausführung außenpolitischer US-amerikanischer Maßnahmen. In der vorliegenden Studie werde ich zeigen, dass die Gruppen für die Interpretation der bilateralen Beziehungen zwischen den USA und Kuba einen entscheidenden innenpolitischen Faktor repräsentieren. Dieser wird zwar in der wissenschaftlichen Literatur zu diesem spezifischen Thema erwähnt, bisher wurde er jedoch nicht in einen theoretischen Rahmen eingebettet und empirisch untersucht.