Der Flügel der Zeit
Ein Capriccio über die Lübeck-Reise des jungen Johann Sebastian Bach
Dieter Bührig
Der Icherzähler hat ein Lübecker Altstadthaus geerbt. Es ist mit Denkmalschutz belastet, klebt am Rest der alten Stadtmauer.
Ein seltsamer Konzertflügel scheint im Haus vergessen zu sein. Es erscheint der mystisch anmutende Instrumentenbauer Silbermann und erzählt dem neuen Besitzer, er nennt sich Mister Pope, was es mit dem Instrument auf sich hat.
»Ich habe das Instrument so eingerichtet, dass man mittels Musik in die Zeit reisen kann, in der sie komponiert wurde. Sie reisen Jahrzehnte oder Jahrhunderte in die Vergangenheit, bis Sie selbst den Deckel schließen und unversehrt ins Heute zurückkehren.« Doch jedes Wunder hat Gefahren: »Schließt ein anderer den Deckel, bleiben Sie in der Vergangenheit gefangen – und ebenso, wenn Sie dieses Geheimnis mit anderen teilen oder versuchen jemanden ins Jetzt mitzunehmen.«
Was für verlockende Möglichkeiten! Mr. Pope spielt sich mit Johann Sebastian Bachs »Capriccio über die Abreise des sehr beliebten Bruders« in das Jahr 1705, als der junge Komponist nach Lübeck wanderte, um den Kirchenmusiker Dieterich Buxtehude zu behorchen. Lübeck ist zu dieser Zeit keine friedliche Idylle. Der Nordische Krieg und der Spanische Erbfolgekrieg hat die neutrale Reichsstadt zum Zentrum fremder Spione und Hasardeure gemacht. Doch Mr. Pope findet Zugang zur bürgerlichen Gesellschaft, zu den Komponisten – und zu Buxtehudes ältester Tochter Anna.