Der Jugendstilkünstler Anton Huber und sein Hauptwerk Haus Lensnack
Bärbel Manitz
Anton Huber, gebürtig aus Stuttgart, ein bisher unbeschriebenes Blatt in der Kunstgeschichte, wird zukünftig in einem Atemzug mit den großen und prominenten Künstlern der Reformzeit um 1900 genannt werden. Neben den Architekten, Kunstgewerblern und Malern der Darmstädter Mathildenhöhe wie Hans Christiansen, Josef Maria Olbrich, Peter Behrens und seinem schon früh berühmten Bruder Patriz Huber, neben den renommierten Repräsentanten des Münchener und Wiener Jugendstils wie Richard Riemerschmid, Theodor Fischer, Bruno Paul und Josef Hoffmann profiliert sich Anton Huber zwischen 1898 und 1905 als bedeutender Vertreter des Berliner Jugendstils. Seine Interieurkunst wird auf den Weltausstellungen der Zeit mit Goldmedaillen ausgezeichnet, seine Entwürfe für Villen bleiben anfangs auf dem Papier. Als er 1905 auf Empfehlung Hans Christiansens als Nachfolger Heinrich Sauermanns Direktor der Flensburger Werkkunstschule wird, beginnt seine künstlerisch fruchtbarste Periode. Zudem 1907 Gründungsmitglied des Deutschen Werkbunds, wird Anton Huber an der Spitze der Reformbewegung als Möbelentwerfer und auch als Architekt von den aktuellen Tendenzen in Kunstgewerbe und Architektur geprägt. Wie sich hoch im Norden Deutschlands an der Flensburger Förde und in Nordschleswig sein ganz eigener Stil zwischen reformerischen Anregungen etwa durch Hermann Muthesius und der hiesigen modernen Backsteinarchitektur im Zeichen des Heimatschutzes entfaltet – darauf liegt ein gewichtiger Akzent bei der Werkschau seiner Bauten und der Verfolgung seiner künstlerischen Entwicklung. Für die Kaufmannsfamilien Jebsen und Jessen schuf er mit mehreren Bauten eine Art Mathildenhöhe in Apenrade. Dabei steht sein architektonisches Hauptwerk Haus Lensnack, errichtet für den Reeder und Kaufmann Jacob Jebsen und Apenrader Stammsitz der Familie, im Zentrum der Darstellung, bildet es doch sozusagen den Focus seiner Formensprache als schöpferischer Architekt wie auch als Innenarchitekt. Denn die Ausstattung des Inneren nach seinem Entwurf, in partieller Kooperation mit seiner Frau, der Kunstgewerblerin Julie Huber-Hildt, hat sich in den repräsentativen Räumen der Apenrader Sommerresidenz in weitgehend originalem Zustand erhalten. Ein herausragendes Exemplum reifer Jugendstilkunst im damals deutschen Nordschleswig und heutigen Dänemark (S›nderjylland) und zugleich, dem kulturellen Erbe verpflichtet, ein einzigartiger Fall einfühlsamer privater Denkmalpflege und Kultivierung familiärer Tradition und Geschichte! Dies gilt ebenso für die große Gartenanlage von Lensnack, die von der seinerzeit hochgeschätzten Hamburger Gartenbaufirma Schnackenberg & Siebold auf der Höhe der Gartenkunstbewegung der Reformzeit geschaffen wurde. Das mit vielen Abbildungen reich ausgestattete Buch dokumentiert erstmalig Anton Hubers künstlerisches Werk in seiner ganzen Breite und widmet besonders dem „chef d'Üuvre“ Haus Lensnack unter verschiedenen Aspekten eine ausführliche Darstellung, von der Baugeschichte über die architekturhistorische Analyse und Einordnung, über Kontinuität und Wandel des Interieurs bis zur „Vita“ des Hauses, der Geschichte seiner Nutzung. In exzellenten fotografischen Aufnahmen von J. A. Slominski und Bernd Perlbach wird die reizvolle Ästhetik von Park und Sommerresidenz Jebsen in Apenrade beleuchtet. Eine Lücke in der Architekturgeschichte der Reformzeit wird mit diesem Buch geschlossen.