Der Kaiserkult in Judäa unter den Herodiern und Römern
Untersuchungen zur politischen und religiösen Geschichte Judäas von 30 v. bis 66 n. Chr.
Monika Bernett
Monika Bernett untersucht Form und Wirkung des Kaiserkults in Judäa unter der herodischen Dynastie und den Römern (bis 66 n.Chr.). König Herodes etablierte den Kaiserkult nicht nur früh, sondern auch als Teil eines neuartigen jüdischen Herrschaftsstils. Er generalisierte das Handlungs- und Beziehungsfeld hellenistischer Euergesie und bezog den Kaiser und dessen Familie, die paganen und jüdischen Untertanen seines Reichs sowie Juden und Nicht-Juden außerhalb Judäas mit ein. Die kaiserkultbezogenen Baustiftungen und Stadtgründungen folgten dabei nicht Schmeichelei oder Hellenisierungsabsichten, sondern waren Teil eines multifunktionalen Beziehungsgeflechtes: öffentliche Antwort auf „Wohltaten“ des princeps, Bekanntmachen der guten Beziehungen zu Rom sowie Agieren als herrscherlicher Euerget, der Wohlwollen erwarten darf. Unter Herodes‘ Nachfolgern bzw. Judäa unter direkter römischer Herrschaft kam es zur Fortsetzung und Aktualisierung des Kultes. Anhand literarischer, archäologischer, numismatischer und epigraphischer Zeugnisse ordnet die Autorin die einzelnen kultrelevanten Stiftungen und Handlungen in ihre politischen Zusammenhänge ein und analysiert deren widersprüchlichen Auswirkungen, insbesondere auf die Juden. Denn die mit dem Kult einhergehende „Bilderflut“ und die sakrale Überhöhung des Kaiserbildnisses forderten das jüdische Bilderverbot in völlig neuer Weise seit dem Hellenismus heraus. Für Juden, die Judäa konkret als Land Jahwes begriffen, bedeutete der Kaiserkult eine torawidrige Konkurrenz zum Alleinverehrungsanspruch Jahwes. Deshalb wird man den Kaiserkult als einen Bezugspunkt der sich radikalisierenden Kritik an der römischen Herrschaft ansehen und in die Vorgeschichte des Jüdischen Aufstands miteinbeziehen müssen.