Der Kameramann Jost Vacano
Visuelle Konzepte und Strategien seiner Kameraarbeit
Bernd Giesemann
Einer der bekanntesten Bildgestalter des moderneren Films, dessen Karriere im Jungen Deutschen Kino ihren Anfang nahm, ist der Kameramann Jost Vacano. Er ist neben Michael Ballhaus der einzige deutsche Operateur des Nachkriegskinos, der als Bildgestalter hohe internationale Bedeutung erlangte, heute mit zahlreichen Auszeichnungen sowie einer Oskarnominierung unbestritten mit zu den Erfolgreichsten seiner Branche zählt und sich später auch in der Filmindustrie von Hollywood dauerhaft etablieren konnte. Sein Improvisationsgeschick und ein sehr vitaler Bildgestaltungswille vereinigten sich mit dem zu jener Zeit von zahlreichen Regisseuren gewünschten Bruch mit den als überkommen betrachteten Konventionen des traditionellen Erzählkinos. So zeichnet sich Jost Vacanos Kameraarbeit von Beginn an durch eine stark expressive, von einem immensen Bewegungsdrang geprägte Bildgestaltung aus.
Jost Vacano hat mit der kontinuierlichen Progressivität in seiner filmphotographischen Arbeit und den technischen Innovationen die Kameramobilität selbst weiter vorangetrieben und perfektioniert. Er stellte im Prozess der Bildgenese neue Anforderungen an die technisch-apparativen Gegebenheiten und hat im Zuge individueller Lösungsformen neue Maßstäbe und Akzente in der kinematographischen Entwicklung gesetzt, das Bewegungsuniversum der Bilder vergrößert und damit der Wesenseigentümlichkeit des Films allgemein zugearbeitet. In diesem Sinne hat er die Geschichte des deutschen aber auch des internationalen Films seit 1960 aktiv mitgestaltet und mittels seiner Stilistik zukunftsweisende Impulse gegeben. Jost Vacano ist damit ein herausragender Bewegungspionier des modernen Kinos, der eigentlich in allen filmhistorischen Standardwerken zum Neuen Deutschen Film oder zum Kino der 1970er- und 1980er-Jahre ausführlich gewürdigt werden müsste. Dies ist jedoch mitnichten der Fall. Giesemanns Werk füllt diese gravierende Lücke nun aus, indem es Vacanos Œuvre in klaren Worten umreißt und es film- und mediengeschichtlich positioniert.