Der Kasusgebrauch nach „als“ in reflexiven Konstruktionen
Norm, Variation, Grammatikalisierung
Eva Schenzinger
Gegenstand der Studie ist der Kasusgebrauch nach dem Satzteiljunktor als im geschriebenen Gebrauchsstandard des Deutschen in den folgenden reflexiven Konstruktionen: sich aufspielen als, sich betrachten als, sich bewähren als, sich bezeichnen als, sich entpuppen als, sich erweisen als, sich fühlen als, sich herausstellen als und sich sehen als. Eine zentrale Zielsetzung der Untersuchung war es, anhand von authentischem Sprachmaterial empirisch zu überprüfen, ob die Aussagen der Zweifelsfall-Wörterbücher aus dem Hause Duden und Wahrig tatsächlich auf den Sprachgebrauch des Deutschen zutreffen. Zur Datengewinnung wurden die folgenden elektronischen Korpora herangezogen: DeReKo, DWDS, DTA. Der Untersuchungszeitraum umfasst die gesamte neuhochdeutsche Sprachperiode (1650–2013). Die Autorin versucht demnach zum einen, quantitative Aussagen zur Kasusvererbung nach als in den ausgewählten Verben zu treffen (und zwar sowohl gegenwartssprachlich als auch sprachhistorisch), und zum anderen, Erklärungen sowohl für den schwankenden als auch für den stabilen Kasusgebrauch zu finden. Zu diesem Zweck wurden zwei Herangehensweisen gewählt: eine soziolinguistische und eine grammatikalisierungstheoretische. Im Rahmen der soziolinguistischen Untersuchung wurde überprüft, ob bzw. inwiefern normativer Druck einen Einfluss auf sprachliche Entwicklungen genommen haben kann. Die grammatikalisierungstheoretische Untersuchung versucht zu zeigen, inwiefern Reflexivierung als ein Ergebnis von Grammatikalisierungsprozessen interpretiert werden kann. Als Analysemodell wurden u. a. die Grammatikalisierungsparameter von Lehmann (1995b [1982], 1985) herangezogen. Die Studie versucht, einen ausgewählten grammatischen Zweifelsfall umfassend und auf breiter empirischer Basis zu analysieren. Dabei wird unmittelbar deutlich, welches Potential in einer solchen Analyse steckt: Es offenbart sich nämlich nicht nur der Variantenreichtum des Standarddeutschen, sondern auch die Möglichkeit, Sprachwandelprozesse aufzudecken und somit Einblicke in tiefgreifende Strukturveränderungen unserer Sprache zu bekommen.