Der Kriminalbiologe Franz Exner (1881-1947)
Gratwanderung eines Wissenschaftlers durch die Zeit des Nationalsozialismus
Andrea Sebald
Franz Exner gehört zu den bedeutenden Kriminologen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und vor allem auch zur Zeit des Nationalsozialismus. Exner war immer bestrebt, eine Verbindung zwischen Forschertätigkeit und Praxis herzustellen. Sein kriminologisches Denken ging um die Zentralbegriffe Anlage, Umwelt und Persönlichkeit. Er war überzeugt, dass es eine genetische Determination zum Verbrecher gäbe. Da auch die nationalsozialistische Rassenlehre von einer erblichen Veranlagung zum Verbrecher ausging, hat sich die Kriminalbiologie als für diese Zwecke nützliche, missbrauchbare und im Ergebnis gefährliche Wissenschaft erwiesen. Beim Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg hat Exner die problematische Verteidigung von Generaloberst Jodl übernommen. Exner ist als Weggefährte der Nationalsozialisten einzustufen, der moralische Zweifel zu Gunsten seiner wissenschaftlichen Karriere unterdrückt hat.