Der Lehrer als Innovator von Schule
Ein neues Professionsverständnis?
Stefan Seitz
Weitgehend Konsens besteht in der deutschen Erziehungswissenschaft darüber, dass sich die im Zuge nationaler und internationaler Vergleichsstudien sukzessive festgelegten Bildungsstandards bzw. Kompetenzniveaus der Schüler wie auch die Erneuerung der Einzelschule nicht mehr in der tradierten Weise erreichen lassen. Vielmehr bedarf es einer schulischen Erneuerung, die durch professionell agierende Lehrkräfte getragen wird. Angesichts weiterhin bestehender defizitärer Rahmenbedingungen erhebt sich jedoch die Frage, ob sich Lehrkräfte von ihrem beruflichen Selbstverständnis her überhaupt für die Umsetzung schulischer Innovation zuständig halten und über die hierfür notwendigen Kompetenzen verfügen. Wenngleich die unterrichtliche wie auch die organisatorische Erneuerung von Schule von der deutschen Erziehungswissenschaft zahlreich empirisch eruiert wurde und hieraus konkrete Konzeptionen zu Unterricht und Schulorganisation in der heutigen Zeit entwickelt wurden, ist eine analoge empirische Erforschung und sich daran anschließende Theoriebildung zur personalen Entwicklung selten. Die Person des Lehrers im Kontext von Schulentwicklung wird trotz der grundsätzlichen Akzeptanz der Bedeutung des personalen Faktors nach wie vor vernachlässigt. Die Studie nimmt bei diesem Forschungsdesiderat einer zwar geforderten, aber nirgends hinreichend empirisch validierten Innovationsaufgabe des Lehrers sowie der hierfür erforderlichen Qualifikation ihren gedanklichen Ausgang. Anhand aktueller Literatur zur Schulentwicklung leitet sie vier zentrale Bereiche innovativen Lehrerhandelns (Kooperation, Evaluation, Partizipation und Fortbildung) ab und validiert dieses neue Berufsbild anhand einer empirischen Studie zur Innovationsbereitschaft und -kompetenz von Lehrkräften. Hierdurch leistet sie einen Beitrag zur Professionalisierungsdebatte im Lehrerberuf, die gerade in einer denkbaren Neubestimmung der Berufsaufgabe des Lehrers als Initiator schulischer Entwicklungsprozesse eine grundlegende Fundierung erfahren könnte. Sie hilft dabei, Einblicke in das berufliche Identitätsbewusstsein von Lehrkräften und in eventuelle schulentwicklungsrelevante Qualifizierungsdefiziten bei Lehrkräften ebenso zu gewähren wie in Probleme der Innovation im Schulalltag, wodurch die Schulentwicklungsdebatte eine konstruktive Bereicherung aus der Sicht der ‚Hauptakteure‘ erfährt. Schließlich erhebt sie grundlegende Forderungen an die zukünftige Lehrerbildung in allen drei Ausbildungsphasen wie auch an die Bildungsadministration, die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen bereitzustellen und Lehrkräften ein aktives Partizipieren an schulischer Innovation zu ermöglichen.