Der Streit um die Prophetie
Drei Studien
Jiří Hoblík
In der alttestamentlichen Forschung wird schon seit Langem die Frage nach den Kriterien für die Unterscheidung zwischen der so genannten wahren und falschen Prophetie gestellt. Die bisherige Diskussion hat zwar mehrfach die Eindeutigkeit einer solchen Klassifizierung sowie der ihr zugrunde liegenden Beurteilungskriterien problematisiert, nie allerdings ganz konsequent. Das Buch bietet vor allem in der ersten der drei Studien den Versuch, eine neue Fragestellung zu entwickeln, die sich vom statischen Charakter der Formalisierung jener Kriterien mit ihrem unsicheren Sitz im Leben abhebt. Stattdessen wird der Streit um die Prophetie, der sich hauptsächlich zwischen offizieller und alternativer (meistens freier) Prophetie abgespielt hat, rekonstruiert. In literaturgeschichtlicher Perspektive zeigen sich mehrere Zeugnisse einer prophetischen Konfliktgeschichte, welche von der Königszeit Israels bis tief in die nachexilische Zeit hineinreichen. Das erlaubt es, die Entwicklung samt ihren Veränderungen in der Geschichte der hebräischen Prophetie zu verfolgen. So lässt sich die Bedeutung des ganzen Streites nicht nur für die Prophetiegeschichte selbst und nicht nur für die entsprechende prophetische Tradition und für das alttestamentliche Prophetieverständnis aufzeigen, sondern auch die Folgen für die Religionsgeschichte des alten Israels. Die Beobachtungen schließen mit der Septuaginta ab, welche den Begriff „Pseudoprophetes“ eingeführt hat. Die übrigen zwei Studien wollen das Anliegen des Buches anhand von Analysen zweier biblischer Texten demonstrieren und damit die hier vorgetragene Position unterstützen. Zuerst wird der mehrschichtige Schlüsseltext für die ganze Problematik, Jeremia 23,9-40, behandelt, danach eine spätere Überlieferung in Sacharja 13,2-6. Im letztgenannten Fall wird auch die Frage nach dem so genannten Ende der Prophetie neu durchdacht.