Der Zeitzer Forst von Unruh,  Michael

Der Zeitzer Forst

Natur und Nutzungsgeschichte einer Landschaft

Den Naturraum im Süden Sachsen-Anhalts zeichnet eine Vielfalt von Lebensräumen aus, die mit dem ersten Blick auf topographische Karten und der Kenntnis um die Industriegeschichte im mitteldeutschen Braunkohlenrevier zwischen Weißenfels, Zeitz und Altenburg so nicht erwartet wird. Im Zentrum dieses Naturraumes erstreckt sich eine Waldfläche von ca. 2000 ha entlang der den Flusslauf der Weißen Elster begleitenden Höhenzüge südlich von Zeitz bis zur Landesgrenze zwischen Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Die Geschichte der Gesellschaftsordnungen bricht sich in zahlreichen Reflexionen in diesem Gebiet und ist an einer Vielzahl von gegenständlichen und dokumentarischen Quellen, wenn auch lückenhaft, überliefert. Diese Hinweise verfügbar zu machen und unter verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, ist ein Anliegen dieses Buches. Das nicht weniger wichtige Beziehungsgeflecht zwischen der speziellen historischen Entwicklung dieses Waldgebietes und seiner bedeutenden Rolle als Lebensraum unter dem Fakt schwindender Artenvielfalt deutlich zu machen, das andere. Mensch-Umwelt-Beziehungen reichen weit zurück, beginnen mit der Besiedlung der Landschaft in einem wärmeren Abschnitt vor der letzten Kaltzeit am Rande des Forstes, reißen ab, um wieder sichtbar am Beginn der frühen Rodungsphase einzusetzen. Die ersten ortsfesten Siedlungen errichtete man zunächst in den leichter zugänglichen Tallagen. Mit der Zunahme der Bevölkerung am Ende des 1. Jahrtausends n. Chr. wird schließlich das damals geschlossene Waldgebiet partiell dort gerodet, wo günstige Bedingungen den Siedlungsbau und eine veränderte Bodennutzung lohnenswert erscheinen lassen. In der Phase der hoch- und spätmittelalterlichen Agrargesellschaft nimmt der Nutzungsdruck auf Wälder enorm zu. Den Konkurrenten des Menschen, den großen Beutegreifern, wurde radikal nachgestellt mit dem Ergebnis ihrer Tilgung. Die utilitaristische Einteilung der Natur in gut und schlecht, nützlich oder schädlich, reicht über die preußische Jagdgesetzgebung bis in die Gegenwart.
Erst mit Aufklärung und Romantik weitete sich der Blick für die Bedeutung der natürlichen Ressourcen, die Natur bekam seitdem ästhetischen Eigenwert. Eine Entspannung des Nutzungsdruckes auf den Wald stellte sich auch mit der Gewinnung fossiler Energieträger und Brennstoffe und ihrer Einführung in die Produktionssphäre im Zeitalter der Industriellen Revolution nicht ein. Im Gegenteil, der Wald wurde in dieser Zeit zum Lieferanten von Holzsortimenten. Die Industrialisierung bedingte ein enormes Wachstum der Städte, es kam zu Massenproduktion und flächendeckender Industrialisierung. Schließlich waren nicht nur der Wald, sondern die Ressourcen der gesamten Landschaft nebst Fließgewässern in den Wirtschaftskreislauf des frühkapitalistischen 19. Jahrhunderts eingebunden und wurden vernutzt. Der Zeitzer Forst war als Folge dieses Wachstums und der rücksichtslosen Ausbeutung begrenzter Ressourcen schon in weiten Teilen zerstört. Preußische Ordnung ersetzte von nun an wilde Natur, die düsteren Fichtenmonokulturen auf der Hochfläche warfen Schatten, die schon in die Gegenwart reichen. Habicht, Sperber, Fischotter und Eisvogel wurden an den Rand der Ausrottung gedrängt. Im beginnenden 20. Jahrhundert gewannen der Forst und die um den Wald verteilten Orte als Erholungsgebiete der städtischen Bevölkerung zunehmend an Bedeutung. Mit ihrem verständlichen Drang nach Luft und Sonne außerhalb der verrußten Städte konnte dem eintönigen Akkord und traurigen Lebensumständen kurzzeitig entflohen werden. Erstmalig in seiner Geschichte wurde der Wald als Lebensraum für Mensch, Tier und Pflanze begriffen und es dauerte nicht lange, bis sich erste Stimmen erhoben, die den Schutz der Natur einforderten. Mit den verheerenden Weltkriegen im 20. Jahrhundert wurde auch der Zeitzer Forst ruiniert, weil die standortfremden Fichtenforste unter ungünstigen Standortfaktoren nicht ohne aufwändige Pflege gedeihen konnten. Die Reduktion der Waldfläche nach 1945 auf die Hälfte des einstigen Bestandes war eine Folge dieser Fehlentwicklung. Für ein halbes Jahrhundert war der Forst in weiten Teilen Übungsplatz der Roten Armee und blieb damit Erholungsnutzung und geregelter Forstwirtschaft entzogen.
Erst jetzt, nach zwei Jahrhunderten permanenter Übernutzung, werden die dunklen Fichtenforste nach und nach in Laub- und Mischwaldbestände umgebaut und der Wald beginnt partiell, sich zu erholen.

Angesichts der gegenwärtigen Umweltprobleme wird die engere Heimat und vor allem der Zeitzer Forst erneut als Quelle der Erholung und Garant einer gewissen Beständigkeit zunehmend wahrgenommen. Wir sollten im Wissen um die vor sich gegangenen Veränderungen und fatalen Entwicklungen dem Wald nicht nur Zeit gewähren: wir werden ihn künftig brauchen.

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