Deutsche Naturlyrik
Ihre Geschichte in Einzelanalysen
Ulrich Kittstein
Naturgedichte von Rang gestalten keine weltfremden idyllischen Träumereien, sondern verraten ein waches Bewusstsein von den gesellschaftlichen Tendenzen ihrer Zeit: Die poetischen Bilder der Beziehung zwischen Mensch und Natur, die Autoren wie Klopstock, Goethe, Hölderlin, Eichendorff, Mörike, George, Brecht, Eich oder Grünbein entwerfen, sind von religiösen und philosophischen Vorstellungen, von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und technischen Fortschritten, von politischen Krisen und nicht zuletzt von dem sich wandelnden Selbstverständnis des neuzeitlichen Individuums geprägt. Der vorliegende Überblick nimmt seinen Anfang im Barockzeitalter. Er zeigt, wie sich die Naturlyrik allmählich aus der Bindung an das christliche Weltbild löst, wie seit der Romantik die zunehmende Entfremdung von der Natur reflektiert wird und wie sich die Gattung schließlich unter dem Eindruck der weltgeschichtlichen Katastrophen des 20. Jh.s und der fortschreitenden Zerstörung der natürlichen Umwelt weiterentwickelt. Mit der Geschichte der Naturlyrik wird somit auch eine Kulturgeschichte der Moderne geschrieben.