Die Ausstellung ,Ungesühnte Nazijustiz‘ (1959-1962)
Zur Geschichte der Aufarbeitung nationalsozialistischer Justizverbrechen
Stephan Alexander Glienke
Welchen Einfluss hatten die Deutungsmuster des Kalten Krieges auf den vergangenheitspolitischen Diskurs in der Bundesrepublik? An einer kritischen Protestaktion untersucht der Autor exemplarisch die Auseinandersetzung um die Hypothek des `Dritten Reiches´ und tradierte autoritäre Einstellungen Anfang der 1960er Jahre. Am Beispiel der Geschichte der Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ wird die generelle Tendenz der späten Adenauer-Zeit verfolgt, politische Meinungsäußerungen den vorgeblich objektiven realpolitischen Handlungszwängen des deutsch-deutschen Sonderkonflikts zu unterwerfen. Die Ansprüche einer offenen demokratischen Gesellschaft und das überkommene, obrigkeitsstaatlich geprägte Demokratieverständnis treffen aufeinander. Den Studenten gelingt es jedoch, einen öffentlichen Diskurs zur Deutungshoheit über die NS-Vergangenheit auszulösen, der einen nicht unerheblichen Beitrag leistet zur Ausbildung einer konfliktfähigen Diskurskultur. Diese Diskussion wird auch für den Faschismusdiskurs der Studentenbewegung der ausgehenden 1960er Jahre relevant. Die Studie verbindet Methoden der zeithistorischen Forschung, der Politik-, Medienwissenschaften und Jurisprudenz.