Die deutsche Frage aus der heutigen Sicht des Auslandes.
Hannelore Horn, Siegfried Mampel
Vorwort
Erstmalig in ihrer Geschichte beschäftigte sich eine Jahrestagung der Gesellschaft für Deutschlandforschung mit der deutschen Frage, mit der Frage der Wiedervereinigung unmittelbar. Wie ist es erklärbar, daß in dieser Gesellschaft die Beschäftigung mit einer so zentralen deutschen Problematik erst jetzt erfolgt? Es war die Einsicht in Realitäten, die die Gesellschaft veranlaßte, sich, wie bereits erschienene Bände ihrer Schriftenreihe zeigen, zunächst den Verhältnissen in der DDR und dem innerdeutschen Vergleich zu widmen. Die weltpolitischen Gegebenheiten ließen ein anderes Vorgehen nicht zu. Wir wissen aber aus Meinungsumfragen, daß die Mehrheit der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland entsprechend dem Postulat des Grundgesetzes die Einheit Deutschlands in Frieden und Freiheit will. Nun hängt die Lösung der deutschen Frage nicht allein vom Willen des deutschen Volkes ab. Es kommt nicht minder, ja in hohem Maße, auf andere Staaten und Völker an. Insbesondere die vier Siegermächte tragen nach wie vor die Verantwortung für alle Fragen, die Deutschland als Ganzes betreffen. Ihr Einverständnis ist bei der Lösung der deutschen Frage völkerrechtlich erforderlich. Darüber hinaus haben sich die westlichen Siegermächte als Verbündete der Bundesrepublik Deutschland im Deutschlandvertrag vom 26. Mai 1952 verpflichtet, bis zum Abschluß friedensvertraglicher Regelungen mit der Bundesrepublik Deutschland zusammenzuwirken, um mit friedlichen Mitteln ihr gemeinsames Ziel zu verwirklichen: „Ein wiedervereinigtes Deutschland, das eine freiheitlich-demokratische Verfassung, ähnlich wie die der Bundesrepublik Deutschland, besitzt und in die europäische Gemeinschaft integriert ist“… Die Untersuchungen zur deutschen Frage vermitteln in ausgewählten Staaten das Bild eines hochkomplexen Problems, dessen Lösung Sisyphusarbeit voraussetzt.
Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse machen darauf aufmerksam, daß zu einer entsprechenden Politik auch das Bemühen gehört, die deutsche Frage in der erreichbaren Öffentlichkeit des Auslandes bewußt zu machen. Für die Wissenschaft blieb eine weitere systematische Erforschung von Einschätzungen und Haltungen zur deutschen Frage bei allen Nachbarstaaten und allen rechtlich in das Problem eingebundenen Ländern.