Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts
Band XV: Württemberg. 1.Teil: Grafschaft Hohenlohe
Günther Franz
Die Sehlingsche Ausgabe der Kirchenordnungen hat sich als unentbehrliches Quellenwerk für die Geschichte des evangelischen Kirchenrechts, die Reformationsgeschichte und die Landesgeschichte erwiesen. Nach dem Tode von Rudolf Smend und Ernst Wolf tritt mit dem vorliegenden Bande die Bearbeitung und Herausgabe des Gesamtwerkes in ein drittes Stadium seiner nun schon ein Dreivierteljahrhundert währenden Geschichte. Die Herausgeberschaft hat Professor Dr. J. F. G. Goeters, Bonn übernommen. Als erster Band aus den Württembergischen Raum werden die kirchlichen Ordnungen und Gesetze der Grafschaft Hohenlohe ediert. Hohenlohe in Württembergisch Franken bestand aus verschiedenen Teilgrafschaften; Die Kirchenordnungen zeigen bei der Kreuzung verschiedener Einflüsse (Luthertum und Calvinismus; Württemberg Franken und Kurpfalz) ein durchaus eigenständiges Gepräge. Nachdem die Reformationsgeschichte bisher vor allem in den Zentren erforscht worden ist, kann auf der Grundlage reichen – bsiher unbekannten – Archivmaterials eine nahezu vollständige Dokumentation des kirchlichen und sozialen Lebens in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts in kleineren Territorien dargeboten werden. Neben den eigentlicen kirchlichen Ordnungen finden sich auch Ehe-, Plizei-, Hochzeits-, Almosen-, Spital- und ähnliche Ordnungen, um die enge Verflechtung des geistigem und weltlichem Bereich zu dokumentieren. Der Landesheer suchte mit Hilfe von alle Lebensbereiche regelnden Gesetzen ein gottwohlgefälliges christliches Gemeinwesen zu schaffen. Das nicht nur im Genf Calvins oder im gegenreformatorischen Bayern Maximilians I., sondern auch in lutherischen Territorien ein „christlicher Polizeitstaat“ – in der Verbindung von Konfession und „guter Polizey“ – geschaffen wurde, ist für die Entwicklung des Frühabsolutismus von Bedeutung.Es werden 94 Ordnungen und Befehle aus den 1544 bis 1615 abgedruckt. In den umfangreichen Einleitungen und Erläuterungen wird besonders Augenmerk auf die Vor- und Nachgeschichte und die tägliche Praxis gelegt. Wenn man sich auf den bloßen Abdruck der wichtigsten Ordnungen beschränkt hätte, würde man nur einen Teil der Wirklichkeit eingefangen haben. Eine farbige Karte zeigt die vielfältigen Überschneidungen zwischen kirchlichen Grenzen (Superintendenturen, Pfarreien) und Territorialgrenzen.