Die Fundplätze von Beelen und Herzebrock-Clarholz
Schlaglichter zum frühgeschichtlichen Bestattungswesen
Dorothee Menke
Zwei Gräberfelder und ein Verbrennungsplatz der Völkerwanderungszeit – diese Befunde sind nicht nur in Westfalen, sondern auch überregional echte archäologische Raritäten. Sie wurden zusammen in dieser Arbeit von Dorothee Menke ausgewertet, die 2008 von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation angenommen wurde. Die jetzt vorliegende Publikation ist ein grundlegender Beitrag zur Erforschung der Bestattungssitten in einer westfälischen Region und ein zentraler Baustein in der Erforschung der Siedlungsgeschichte Westfalens.
Der völkerwanderungszeitliche Scheiterhaufenplatz in Herzebrock-Clarholz ist der erste westfälische überhaupt. Hier konnten zudem 21 Brandbestattungen und ein Körpergrab aus der Zeit vom 4. bis in die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts untersucht werden. Die Verteilung der Funde zeigt, dass ein erheblicher Teil der Beigaben und der verbrannten Knochen am Ort der Verbrennung verblieb und nicht in die Gräber gelangte. Für die Hinterbliebenen war demzufolge nicht das Begräbnis an sich, sondern die Bestattungszeremonie von zentraler Bedeutung. Da sich Rekonstruktionen der damaligen Gesellschaften und ihrer sozialen Organisation häufig auf Grabbeigaben stützen, hat diese Erkenntnis entscheidende Auswirkungen auf zukünftige Analysen von Brandgräberfeldern.
Die lange Belegung des Gräberfeldes in Beelen mit 25 Brand- und 8 Körpergräbern vom 3. bis zum 7. Jahrhundert deutet eine Siedlungskontinuität der einheimischen Gruppen über das Ende der römischen Kaiserzeit hinaus an – ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass Westfalen in dieser Zeit keinesfalls siedlungsleer war. Die gewaltsame Südausbreitung der Sachsen und die Einbeziehung Westfalens in den sächsischen Machtbereich seit dem Ende des 7. Jahrhunderts werden inzwischen sowohl von archäologischer als auch von historischer Seite als überholt angesehen. Stattdessen zeigt sich auch in Beelen und Herzebrock-Clarholz eine Bevölkerung, die sich mal mehr an fränkischen, mal mehr an sächsischen Vorbildern orientierte.