Die Inszenierung der Protestantischen Volksgemeinschaft – Lutherbilder im Lutherjahr 1933
Björn Küllmer
Im Licht der aktuellen Forschung über das Verhältnis zwischen Protestantismus und Nationalsozialismus sowie unter Bezugnahme auf die aktuelle Debatte um den Begriff der „nationalsozialistischen Volksgemeinschaft“ leistet die Analyse der Feierpraxis des Lutherjahres 1933 einen Beitrag zum Verständnis der Partizipation und Selbstmobilisierung des protestantischen Milieus im Jahr der nationalsozialistischen Machtübernahme.
Vor dem Hintergrund der ausbrechenden Konflikte in der evangelischen Amtskirche zwischen den Vertretern des traditionellen, konservativen Nationalprotestantismus und den „Deutschen Christen“ um die Vormachtstellung in der „Reichskirche“ waren der „Deutsche Luthertag 1933“ sowie die Jubiläumsfeiern der Lutherstädte zu Martin Luthers 450. Geburtstag die Plattform, auf der die Repräsentanten des traditionellen protestantischen Milieus, die „Deutschen Christen“ sowie Vertreter des Nationalsozialismus die jeweils eigenen Vorstellungen von der „Volksgemeinschaft“ inszenierten. Mit der Analyse der Vereinnahmung Martin Luthers durch die späteren Akteure des „Kirchenkampfs“ sowie der lokalen Inszenierungen der Dorfgemeinschaft als „Volksgemeinschaft im Kleinen“ vertritt die Arbeit die These, dass die „Volksgemeinschaft“ zumindest zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft kein ausgedeuteter Begriff war, sondern durch seine relative Offenheit die Mobilisierung und Selbsttransformation des protestantischen Milieus zur Partizipation am Nationalsozialismus ermöglichte.