Die Jesus-Geschichte und ihre Tradition im Neuen Testament
Christian Dietzfelbinger
Der Aufsatz, der dem Buch den Titel gegeben hat, stellt vor die Frage nach der Überlieferung der Jesustradition im Neuen Testament. Drängende Notwendigkeiten haben die Menschen in den ersten Jesusgemeinden dazu veranlasst, die Jesusgeschichte aufzuzeichnen und die Jesusworte zu sammeln und zu redigieren. Um beides in seiner Anfangsform festzuhalten und damit zu archivieren? Oder hat man das Jesuswort als lebendige und zu aktualisierende Botschaft weitergegeben und dabei die jeweils andere Situation berücksichtigt und in die Erzählung einfließen lassen? Schließlich: Hat man beim Weitergeben der ursprünglichen Jesustradition mit späteren Ergänzungen und Erklärungen zu rechnen – oder auch mit Verlusten?
Geht man diesen Fragen nach, wird da und dort etwas von der Geschichte erkennbar, in der die frühchristlichen Gemeinden gelebt, wie sie gedacht und theologisch gearbeitet haben, welche Personen in ihr besonders einflußreich waren – und war man sich denn immer so einig, wie es in Apg 4,32 behauptet wird?
Indem wir so fragen, bekommen wir einen gewissen Einblick in die Erfahrungen, in die Ängste und Hoffnungen jener Gemeinden, und daraus erwächst wie selbstverständlich die Frage nach unserem eigenen Umgang mit der Jesustradition.
So hatten auch die Gleichnisse ihre Geschichte, bevor sie in der Niederschrift durch die Evangelisten ihre feste literarische Form fanden. Im vorliegenden Buch soll an ausgewählten Beispielen erkundet werden, welche Absichten Jesus mit seinen Gleichnissen verfolgte und wie in der Vielfalt sich das unverrückbare Zentrum erhielt: die Frage nach der Gottesherrschaft im Einzelleben und im Leben der Welt.