Die monströse Kleinheit des Denkens
Derrida, Wittgenstein und die Aporie in Philosophie, Literatur und Lebenspraxis
Angelika Meier
‚Der Abgrund der Hoffnungslosigkeit kann sich im Leben nicht zeigen‘, schreibt Wittgenstein. Wie ist es dann möglich, sich dem Scheitern, den unlösbaren Aporien des Denkens und Handelns zu stellen? Derridas Lektüre der Philosophie als Aporetographie verwandelt die lebenspraktische Unsichtbarkeit des Abgrunds in eine Möglichkeit der Philosophie, das eigene Scheitern zu reflektieren. Aber lässt sich die Aporie, gemäß Derridas Anspruch, als ‚endloser Wider- oder Rückstand aushalten‘? Dieser Anspruch wird kritisch bilanziert in einer Lektüre der Dekonstruktion als Entwicklungsgeschichte einer Selbstabschaffung. Im Versuch, das Scheitern ins Werk zu setzen, wird die Dekonstruktion zur unfreiwillig literarischen Passage durch die monströse Kleinheit des Denkens. Denn die Bejahung der Aporie ist ein literarischer Trug, der nicht einmal in der Literatur ertragen werden kann, wie u.a. an Goethe, Kafka, Lenz und Heine gezeigt wird.