Die Ostkirche betet
Hymnen aus den Tagzeiten der byzantischen Kirche. Buß-Triodion von der Vorfastenzeit bis Karsamstag
Detlef Weigt
Es sind Hymnen, in denen das ganze Unglück der Gottesferne, der Angstschrei der sündigen, der Erlösungsjubel der bekehrten Seele mit berauschender Beredsamkeit, durchglüht von einer Leidenschaft, die sich bis zu lebendigster Dramatik steigert, ergreifend geschildert wird.
Aus Gottes- und Herzenstiefen kommen diese Hymnen, und weil sie Offenbarungen, Gnade Gottes sind, Intuition, Schau von Heiligen und Gottvereinten, weil sie aus Gott kommen, darum sind diese Dichtungen so gottbegeistert, durchglüht von heiligem Feuer. Aus Tiefen kommen diese Hymnen, bis in die Tiefen wollen sie dringen, zur Höhe erheben, und die Tiefe wird sich öffnen dem Strom, der sie durchrauscht, die Knospe sich öffnen dem Licht, die Ebene sich öffnen dem Hauch des Windes, damit dieser hineinfährt in jeden Halm, in jeden Strauch. Dann fühlen wir uns erschüttert bis in die Tiefe, dass unser ganzes Wesen davon zittert und widerhallt; wir sind berückt, ergriffen, geläutert (Katharsis!) von Gottes Hand, die uns hinausheben will über uns.
Aus der Vorrede von Kilian Kirchhoff
Kilian Kirchhoff, spezialisiert auf die Übersetzung byzantinischer religiöser Texte, wurde wegen einer Denunziation vor den Volkgerichtshof gebracht und trotz des Protestes einer Reihe namhafter Wissenschaftler 1944 hingerichtet.