Die ottonischen und frühromanischen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek
Elisabeth Klemm
Mit diesem Band ist ein weiterer Teil des außerordentlichen Bestandes an mittelalterlichen illuminierten Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek für die Wissenschaft erschlossen. Eine unerwartete Koinzidenz liegt im Erscheinen des Katalogbandes und der Aufnahme einer repräsentativen Auswahl von Handschriften der Reichenau in das „Memory of the World“ durch die UNESCO. Von den zehn nominierten Reichenauer Handschriften aus verschiedenen Bibliotheken befinden sich allein drei im Besitz der Bayerischen Staatsbibliothek. Das Werk schließt die Lücke zwischen den bereits erschienenen Bänden der karolingischen und romanischen Handschriften. Zu den im Katalog behandelten ottonischen Codices zählen einige der großartigsten ottonischen Handschriften überhaupt, die zum wertvollsten Besitz der Bayerischen Staatsbiliothek gehören und von jeher den Ruhm der Bibliothek begründeten. Die insgesamt 239 Handschriften sind in detaillierten Beschreibungen und vielen Abbildungen ausführlich dokumentiert. Zu den bedeutendsten und prachtvollsten Handschriften der ottonischen Epoche, welche die deutsche Buchmalerei in einmaliger Weise an die Spitze der Malerei in Europa führte, gehören die im Auftrag von Kaisern geschaffenen Werke. Von ihnen beschreibt der Katalog einige der qualitätvollsten Handschriften aus dem Skriptorium der Reichenau, darunter das kostbare Evangeliar Ottos III. mit seinem doppelseitigen Kaiserbild (Clm 4453) und das ins Monumentale gesteigerte Perikopenbuch Heinrichs II. (Clm 4452). Zwei weitere Prachthandschriften der Reichenau (Clm 4454 und Clm 23338) verleihen der Gruppe der Reichenauer Handschriften im Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek ihr besonderes Gewicht. Daneben enthält der Katalog innerhalb einer umfangreichen Gruppe von Regensburger Handschriften die beiden herausragenden Werke der Regensburger ottonischen Schule: das Sakramentar Heinrichs II. (Clm 4456) und den berühmten Uta-Codex (Clm 13601). Das breite Spektrum der ottonischen Buchmalerei wird durch weitere Hauptwerke aus Salzburg, Freising, Tegernsee und Niederaltaich sowie einzelne Handschriften aus West- und Norddeutschland dokumentiert. Für Mainz ist das in seiner Art einmalige Gebetbuch Ottos III. (Clm 30111), für den wichtigen Corveyer Raum das Sakramentar des 10. Jahrhunderts (Clm 10077) hervorzuheben. Die Stärke des Bestandes der Bayerischen Staatsbibliothek liegt in der geschlossenen Überlieferung ganzer Klosterbibliotheken, welche es erlauben, Entwicklungen nachzuzeichnen. In der bayerischen Buchmalerei lässt sich durch eine von Tegernsee ausgehende Tradition der fast nahtlose Übergang zur Romanik verfolgen.