Die Parlamentarismuskritik bei Carl Schmitt und Jürgen Habermas.
Hartmuth Becker
Zu den interessantesten Gebieten der politischen Theorie gehört die Frage nach der Adäquanz des parlamentarischen Regierungssystems. Der Parlamentarismus sieht sich als heute bedeutendstes Regierungssystem, vielleicht gerade wegen seines inhärenten Konfliktlösungsmechanismus, der kompliziert und labil erscheint, immer wieder Anfeindungen ausgesetzt. Die Kritik am Parlamentarismus ist dabei in Deutschland noch wesentlich älter als dieser selbst. Es kann aber ohne Übertreibung gesagt werden, daß erst mit Carl Schmitts Werk über „Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus“ aus dem Jahre 1923 im deutschsprachigen Raum eine wirklich grundlegende theoretische Kritik angebracht worden ist. Durch Schmitts blendenden Stil, die Prägnanz seiner Begriffsbildung und die scheinbare Stringenz seiner oftmals verblüffenden Argumentation wurde diese Schrift zum „Klassiker“ der parlamentarismuskritischen Schriften in der Weimarer Republik. Ihrer Wirkung und Suggestivkraft konnte sich nur schwer entzogen werden. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Rezeption bei der heutigen Linken. Mitte der achtziger Jahre wurde von Ellen Kennedy explizit der Vorwurf einer Schmitt-Rezeption bei Vertretern der „Frankfurter Schule“ erhoben. Auch Jürgen Habermas soll Schmitts Argumentation übernommen haben. Die Vorwürfe stellte Kennedy insbesondere auf seine Habilitationsschrift „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ ab, mit welcher Jürgen Habermas die Tradition der Parlamentarismuskritik in Deutschland fortgesetzt hatte.
Die Werke und Anschauungen Schmitts und Habermas‘ über den Parlamentarismus sind nicht nur wegen ihrer Wirkungsgeschichte einer Betrachtung wert. Ihr literarisches Werk unterzieht der Autor einer kritischen Reflektion, wobei er das Verhältnis beider Autoren zueinander klärt.
Die Erstauflage dieses Buches (1994) fand nicht nur in Fachkreisen lebhafte Aufnahme, es war ihr auch vergönnt, Gegenstand einer Erörterung zu werden, obwohl die Schrift eigentlich, inspiriert