Die Poetik der Apostelgeschichte
Eine narratologische Studie
Ute E. Eisen
Die narratologische Analyse der Bibel hat sich mittlerweile innerhalb der exegetischen Diskussion international etabliert und erfreut sich zunehmender Rezeption. Mit dieser Entwicklung einher geht das noch immer bestehende Problem schwer herzustellender Kompatibilität und Durchsichtigkeit erzähltheoretischer Konzepte und Begrifflichkeiten. An diesem Punkt setzt die vorliegende Studie ein, indem sie in einem ersten Hauptteil die pluriformen Ansätze innerhalb der Erzähltheorie systematisiert und Begriffsklärungen vornimmt. Erzähltheorie wird so verständlich und nachvollziehbar. Der erste Hauptteil dieser Studie ist damit zugleich eine Einführung in die Erzähltextanalyse und aufgrund des Sachregisters auch nutzbar als Nachschlagewerk.In einem zweiten Hauptteil werden die erzählanalytischen Konzepte auf ausgewählte Texte des Anfangs, der Mitte und des Endes der Apg angewandt. Vor allem ein Ergebnis ist in diesem Zusammenhang virulent: Der Erzähler erschließt das neue, an Christus orientierte Glaubensverständnis in mannigfaltigem Anknüpfen an die jüdischen heiligen Schriften und vielfach aus der Perspektive des Judentums. Die jüdischen Skrupel und durch die Tora gegeben Hindernisse gegenüber einer Heidenmission sollen überwunden werden. Im berühmten Schluss der Apostelgeschichte wird mit dem jesajanischen Verstockungsmotiv die Nichtbekehrung der Mehrheit des Volkes Israel zu Christus plausibel gemacht und dieses zugleich zum Anlass genommen, die Heidenmission zu legitimieren. Von einer heilsgeschichtlichen Ablösung des Judentums durch das Christentum kann keine Rede sein.