Die Rückkehr JHWHs
Traditions- und religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Jesaja 40,1-11, Jesaja 52,7-10 und verwandten Texten
Christina Ehring
Ausgangspunkt der Untersuchungen ist die Beobachtung, dass Jesaja 40,1-11 und Jesaja 52,7-10 nicht, wie häufig angenommen, die Heimkehr der Exilierten aus Babylon, sondern JHWHs Rückkehr zum Zion beschreiben. Diese Auffassung wird im ersten Teil der Arbeit in einer Exegese der beiden Texte entfaltet. Ein zweiter Teil rekonstruiert den Vorstellungszusammenhang, innerhalb dessen das Motiv der Rückkehr JHWHs zum Zion zu verstehen ist, vor einem doppelten Hintergrund: Zum einen zeigt ein Vergleich mit mesopotamischen Inschriften (aus der Zeit Nebukadnezars I., Asarhaddons und Nabonids) Parallelen im Blick auf die Deutung geschichtlicher Ereignisse auf. Sie legen es nahe, dass die deuterojesajanischen Texte mit Kenntnis und unter modifizierender Aufnahme des mesopotamischen Vorstellungszusammenhangs entstanden sind. Zum anderen macht ein Blick auf die vorexilischen Vorstellungen von JHWHs Präsenz in Zion/Jerusalem die traditionsgeschichtlichen Voraussetzungen des Motivs der Abwesenheit und Rückkehr JHWHs zum Zion deutlich. Ein Vergleich mit der in vielem parallelen Vorstellung der aus dem Jerusalemer Tempel aus- und wieder in ihn einziehenden »Herrlichkeit JHWHs« in Ezechiel 8-11 und 43 unterstützt die Überlegungen. Der dritte Teil der Arbeit stellt die Frage nach Verbindungslinien, die sich vor dem Hintergrund des rekonstruierten Vorstellungszusammenhangs zwischen Jesaja 40,1-11 und Jesaja 52,7-10 und anderen Texten des Deuterojesajabuches ziehen lassen. Betrachtet werden hier vor allem die Kyros-Weissagungen und Jesaja 46,1-4. Dabei wird deutlich, dass das Motiv der Rückkehr JHWHs nach Zion/Jerusalem im Deuterojesajabuch kein isoliertes Motiv darstellt, sondern vielmehr die sachliche Voraussetzung und Grundlage zentraler Teile der deutrojesajanischen Grundschicht bildet.