Die Schule neu machen
Glanz und Elend einer Schulgründung. Oder: Aus dem Tagebuch des Gründungsdirektors. Teil 2 Ausgestaltung und Konsolidierung
Rainer Winkel
Das hat es in der Pädagogik wohl noch nicht gegeben: Ein junger Lehrer ist des staatlichen Schulbetriebs überdrüssig, schart eine Gruppe Gleichgesinnter um sich und gründet eine Alternativschule: die Freie Schule Essen – das war 1974ff. Jahrelang arbeitet er in ihr, verlässt sie schließlich, um in Berlin als Wissenschaftler die Schule neu zu denken.Das hat Folgen. Eine Folge war der Ruf der Ev. Kirche von Westfalen, eine multikulturelle Gesamtschule in Gelsenkirchen aufzubauen und so lange als ihr Gründungsdirektor zu fungieren, bis sie ihre eigenen Wege gehen kann: er sagt zu – das war 1997ff. Jahrelang arbeitet er zusammen mit begeisterten Kollegen in ihr, notiert fast täglich seine Erlebnisse in 30 dickleibige Tagebücher und spürt doch, dass Rousseau recht hat: Wer Reformen konsequent betreibt, muss mit Widerstand rechnen, wird Glanz und Elend spüren.
Rainer Winkel war dieser junge Lehrer in der FSE und der spätere Gründungsdirektor der EGG. Der erste Teil desauf drei Bände verteilten Schulreports schildert die beiden ersten Jahre: erzählend, dokumentierend, nachdenkend – entlang von Beobachtungen, Belegen und Bildern.
Im zweiten Teil geht es um die Ausgestaltung und Konsolidierung, aber auch um erste Enttäuschungen, um Eingriffe in den Reformprozess durch den Schulträger sowie um interne AuseinanderSetzungen.
Besonders reizvoll sind neben einer Fülle von Fotos und Abbildungen die fiktiven Gespräche, die der Schulleiter Winkel mit dem Professor Dr. Winkel führt und die den spannenden Dokumenten sowie Tagebucheintragungen ihre kontroversen Beurteilungen zumuten.
So entstand ein geradezu einmaliges Dokument einer Schulgründung, die nicht nur Erfolge hatte, sondern auch Prozesse des Scheiterns aufwies. Die Frage bleibt nur: warum?