Die Schwestern des Ikarus
Frau und Flug
Heike Vogel, Barbara Waibel, Zeppelin Museum Friedrichshafen
Sie forderten die ‚Hälfte des Himmels‘ – aber auf dem Weg dorthin wurden und werden Frauen oftmals mit unüberwindbaren Hindernissen konfrontiert. Fliegerinnen, die früh einen gleichberechtigten Platz in der Luftfahrt forderten, stießen auf Ablehnung, Widerstände und unfaire Behandlung. Rückzüge in die typische Frauenrolle der Mutter und Hausfrau, Berufswechsel, wirtschaftliche Not oder sogar Selbstmord konnten die Folge sein. Luftfahrtgeschichte wird bislang als Erfolgsgeschichte der Männer dargestellt. Doch seit der Erfindung des Ballons im Jahre 1783 haben sich Frauen intensiv an der Luftfahrt beteiligt. Sie haben die Technik weiterentwickelt und Rekorde aufgestellt. Für die meisten war es dennoch schwierig, sich aus dem Schatten der Männer zu lösen und ihre Leistungen sichtbar zu machen, obwohl sie beachtliche Erfolge zu verzeichnen hatten. Ballonfahrerinnen, Fallschirmspringerinnen, Segel- und Motorfliegerinnen, Technikerinnen, Wissenschaftlerinnen und Astronautinnen wurden nicht nach ihren wirklichen Leistungen beurteilt, sondern in den Grenzen der jeweils herrschenden Frauenrolle gesehen. Aber auch die Pionierinnen der Luftfahrt setzten sich der Grenzerfahrung zwischen Leben und Tod aus. Auch sie suchten wie ihre männlichen Kollegen bewusst die ‚Entgrenzung‘ und waren Grenzgängerinnen, die um eines sprichwörtlich ’sagenhaften Aufstiegs‘ – sei es in die Lüfte oder in eine andere Gesellschaftsschicht – den ‚Bruch‘ riskierten. Als „Schwestern des Ikarus“ teilten sie häufig dessen tragisches Schicksal. Das Begleitbuch zur Ausstellung „Die Schwestern des Ikarus – Frau und Flug“ rückt die Rolle der Frauen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die Sammlung von wissenschaftlichen Beiträgen setzt sich mit der ganzen Bandbreite des Themas Frau und Flug auseinander: Von den Pionierinnen der Luftfahrt über die Rolle der Frauen in der Sport-, Militär- und Verkehrsfliegerei bis zur Raumfahrt und dem Niederschlag der Flugthematik in der Arbeit von Künstlerinnen.
Aus dem Inhalt:
Maria Osietzki: „Der Flug ist das Leben wert“ – Entgrenzung weiblicher Lebensentwürfe in der Geschichte der Luftfahrt
Heike Vogel: Frühe Ballonfahrerinnen und Pilotinnen – Hindernisse und Durchsetzungsstrategien
Gundula Wolter: Sensationelle Sportkostüme – Die Kleidung der Flugpionierinnen
Guillaume de Syon: Engines of Emancipation? – Women’s Flying Clubs before World War II
Gertrud Pfister: Rekorde, Siege, Sensationen – Pilotinnen zwischen den Weltkriegen
Evelyn Zegenhagen: Vom Aufwind in den Sturzflug – Rollenbild, Chancen und Beschränkungen deutscher Fliegerinnen der 1920er und 1930er Jahre
Isolde Wördehoff: Vom Traum zur Wirklichkeit – Frauen im Luftsport nach 1945
Barbara Waibel: „.the air as a battleground of the future.“ Militärpilotinnen – Ein Überblick
Amy Bix Female Engineers and Workers in Aeronautical Industries: A Comparative Historical Examination
Angelika Machinek: Besatzungsmitglieder von der Stewardess zur Flugkapitänin
Heike Vogel: „Und sie bewegt sich doch!“ – Frauen auf dem Weg in den Weltraum
Maria Christina Zopff: „Über seinem eigenen Schatten schweben“ – Künstlerinnen und Flugkunst