Die Stunde ohne Gott und andere Kindergeschichten
Lou Andreas-Salomé, Britta Benert, Ursula Welsch
Mit »Die Stunde ohne Gott«, 1922 als Buch erschienen, positioniert sich Lou Andreas-Salomé genau im Zentrum einer jungen Gattung: der Kinder- und Jugendliteratur. Die Erzählungen spiegeln das generelle Interesse gegenüber Kindheit und Jugend wider und zeugen erneut vom seismografischen Gespür ihrer Autorin für die wichtigsten Strömungen der literarischen Moderne.
Die erste Geschichte erzählt von einem kleinen Mädchen, und von seiner Phantasiewelt. Sein ganzes Dasein erscheint als stabiles Gefüge, bis ihm die Eltern die Ankunft eines weiteren Geschwisterchens ankündigen.
Als Traummärchen fortgeführt im Stil einer »Alice im Wunderland« greift die dritte Erzählung im Spiel eines fremden Jungen das Thema der Urwelt und des Urmenschen auf – gleichsam eine Ausschmückung der damaligen Thesen um die Entstehung der Menschheit zwischen Wilhelm Bölsches »Liebesleben in der Natur« und Sigmund Freuds »Totem und Tabu«.
Mit den Vorfassungen von zwei der drei Erzählungen wird ein faszinierender Vergleich möglich, der den Prozess des Einwebens biografischer und psychoanalytischer Erlebniswelten im Werk Lou Andreas-Salomés offenbart.