Die Tagebücher
Sylvia Plath, Alissa Walser
1962, als Dreißigjährige, nahm sich die amerikanische Autorin Sylvia Plath in London das Leben. Sie hinterließ zwei kleine Kinder, ihren Ehemann Ted Hughes, von dem sie zum Zeitpunkt ihres Todes getrennt lebte, und ein großes literarisches Werk: Lyrik, Erzählungen, den Roman »Die Glasglocke«, Briefe an die Familie und ihre jetzt erstmals auf Deutsch erscheinenden »Tagebücher«.
In der kurzen Zeit ihres Schaffens war Sylvia Plath ungeheuer produktiv. Sie galt als Wunderkund und veröffentlichte schon mit 17 Jahren Kurzgeschichten und Gedichte, die ihr öffentliche Anerkennung einbrachten. Sie führte ein intensives Leben, war volle Verlangen, voller Erwartungen, war getrieben von einem ungeheuren Ehrgeiz und einer gewaltigen Arbeitswut, zerrissen zwischen dem Anspruch, den Idealvorstellungen der amerikanischen Gesellschaft von einer perfekten Hausfrau, Mutter und Ehefrau zu entsprechen, und dem Wunsch nach öffentlicher Anerkennung als Schriftstellerin und literarischem Ruhm. Die Veröffentlichung ihrer Texte galt ihr als Rechtfertigung ihres Daseins. Heute zählt Sylvia Plath zu den bedeutendsten amerikanischen Autorinnen dieses Jahrhunderts.
Sylvia Plaths »Tagebücher« sind zugleich erzählerisch brillant wie erschütternd. Die privaten Aufzeichnungen, beginnend 1950 vor Sylvias erstem Semester am Smith College und endend am 16. Mai 1962, bringen endlich Licht in das Dunkel um die amerikanische Autorin und ermöglichen einen unverstellten Blick auf ihre komplexe und komplizierte psychische Lebens- und Schaffenssituation. Ihre »Tagebücher« sind ein großes Stück autobiographischer Literatur: sie faszinieren durch Reichhaltigkeit und Direktheit und zeigen über das persönliche Schicksal hinaus exemplarisch den Lebenskonflikt einer jungen, intellektuell ambitionierten Frau in den Zwängen der 50er Jahre.