Die Unschärfe
Roman
Kurt Leutgeb
Thanatologen haben eine Methode entwickelt, mit der sie den Tod von Lebewesen auf die Minute genau vorhersagen können. Im Selbstversuch stellen sie fest, daß sie alle vier — Felix Homerberg, Rainer Hartlieb, Birgit Seismic und Simon Riss — am 19. November 2004 um 17.33 Uhr sterben werden. Auch der Hausmeister des Instituts, Heinz Schostal, der den Wissenschaftern nachspioniert, weiß vom Resultat der Sterbezeitpunktbestimmung. Die Unschärfe erzählt von den letzten vierundzwanzig Stunden vor dem errechneten Tod.
Jede der vier Hauptpersonen versucht auf ihre eigene Weise, mit dem bevorstehenden Tod fertigzuwerden. Letztlich finden sie sich alle auf sich selbst zurückgeworfen, auf ihre Versuche, ihr Leben mit Sinn zu erfüllen, auf ihre Liebe, deren Vergeblichkeit sie mit Schmerz erfüllt, auf ihren Haß, der dadurch nicht weniger wird, daß sie erkennen, wie ungerechtfertigt er ist. Und sie finden letztlich alle ins Institut für Thanatologie zurück. Als sie feststellen, daß einer von ihnen vor der errechneten Zeit Selbstmord begangen hat, schöpfen die drei Überlebenden Hoffnung. Doch auch die fünfte Hauptperson, Herr Schostal, will auf ihre Kosten kommen.
Thema des Romans ist die Sterblichkeit des Menschen. In der Extremsituation des drohenden Todes gewinnen die Lebenswelten der Protagonisten mit ihren Beziehungen, Lügen, Wahrheiten, Hoffnungen, Wünschen, Nöten und Sehnsüchten eine große Deutlichkeit und Intensität. Über die rasende, notwendigerweise irrationale Auseinandersetzung mit dem persönlichen Tod führt der Text zu einer Reflexion der Fragen nach der Möglichkeit von Erkenntnis, nach Glauben und Wissen, nach dem rechten Leben, nach dem Sinn von Sein, nach dem wissenschaftlichen Streben nach Beherrschbarkeit des Lebens und des Todes usw.