Die Verhältnismäßigkeit im Cyberstrafrecht – Überprüfung des Strafrechtseingriffs im Cyberspace anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
Won-Sang Lee
Der Cyberspace ist ein neuer Kulturraum und ein lebendiger Kommunikationsraum. Indem die Tätigkeit im Cyberspace — eCommerce, eLearning, eShopping usw. — immer lebhafter wird, kann der Cyberspace nun nicht mehr als reine Projektion der Realwelt verstanden werden, sondern ist eine eigenständige Realwelt. Mit der Expansion des Cyberspace tauchte der Begriff „Cyberkriminalität“ auf. Die Konzeption der Cyberkriminalität ist jedoch noch unklar. Dennoch wollen Gesetzgeber und Regierungen gegen die ungewöhnlichen Handlungen im Cyberspace strafrechtlich vorgehen. Aber ist das Strafrecht ein taugliches Mittel, um den Gefahren der Informationsgesellschaft wirkungsvoll zu begegnen?
Bedenklich ist, dass das Cyberstrafrechtssystem gegen klassische strafrechtliche Grundsätze wie in dubio pro reo verstößt, weil das System des bestehenden Cyberstrafrechts die Probleme des modernen Strafrechts gleich mit übernommen hat. Infolgedessen leisten einige gegen die Anwendung des Strafrechts im Cyberspace Widerstand, weil sie die individuelle Freiheit des Cyberspace durch einen übermäßigen und prinzipienfreien Eingriff des Strafrechts bedroht sehen. Aus diesem Grunde hat das Strafrecht die doppelte Aufgabe, die klassischen strafrechtlichen Grundlagen zu beachten und gleichzeitig Normen festzusetzen, welche die Freiheit des Cyberspace nur minimal tangieren. Dabei kann der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine wichtige Rolle spielen.