Die Wahrheit sagen
Perus Wahrheits- und Versöhnungskommission 2001 - 2003. Eine kritische Würdigung
Franka Winter
17. Mai 1980: In Chuschi in den peruanischen Anden warten die Menschen gespannt auf die ersten Präsidentschaftswahlen seit 12 Jahren am folgenden Tag. Doch die maoistische Gruppierung „Leuchtender Pfad“ stört den Frieden. In Chuschi brennen die Wahlurnen. Der Bürgerkrieg beginnt. Erst die Absetzung Präsident Fujimoris im Jahr 2000 öffnete einer Demokratisierung den Weg. Die peruanische Wahrheits- und Versöhnungskommission schätzt später die Zahl der Todesopfer oder Verschwundenen auf 69280 Menschen. Weitere Tausende wurden überfallen, ausgeplündert, vergewaltigt. Die Kommission arbeitet 2001 bis 2003 vieles davon auf. Zur Vergangenheitsbewältigung sind Wahrheitskommissionen ein beliebtes Instrument geworden. Viele Monografien befassen sich wissenschaftlich damit. Die Frage nach dem Wie der Wahrheitsproduktion wurde bisher jedoch kaum gestellt. Am Beispiel der peruanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission nimmt Franka Winter anschaulich wie distanziert die Mechanismen institutionalisierter Wahrheitsproduktion auseinander. Sie fragt nach ungeschriebenen Regeln und Grenzen des Sprechens und zeigt auf, wie Wahrheitskommissionen ungewollt eben jene Strukturen sozialer Ungleichheit reproduzieren, deren desaströse Auswirkungen sie aufarbeiten sollen. Neben der detaillierten Mikroanalyse einer der größten und einflussreichsten Wahrheitskommissionen der Welt geht das Buch auch allgemein auf Funktionsprinzipien und Arbeitsweisen von Wahrheitskommissionen ein und liefert damit Denkanstöße für deren zukünftige Arbeit.