Direktzusagen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung in der nationalen und internationalen Rechnungslegung
Eine kritische Bestandsaufnahme und Reformüberlegungen
Johannes Heiniz
Der Gesetzgeber hat mit dem BilMoG 2009 die größte Bilanzrechtsreform seit dem Bilanzrichtliniengesetz (BiRiLiG 1985) vollzogen. Die mit dem Ziel der Stärkung der Informationsfunktion der deutschen Handelsbilanz einhergehende Annäherung des Handels-bilanzrechts an die IFRS hat vor allem in Bezug auf die bilanzielle Abbildung von Direktzusagen, die bis zum Inkrafttreten des BilMoG weitestgehend vom Steuerbilanzrecht und der Finanzrechtsprechung geprägt war, zu tiefgreifenden Änderungen geführt. Gleichzeitig ist das Steuerbilanzrecht aufgrund der intendierten Steuerneutralität des BilMoG bis heute im Wesentlichen unverändert geblieben, obwohl auch hier erheblicher Reformbedarf besteht.
Die Arbeit untersucht inwieweit die Zielsetzungen des BilMoG mit Blick auf die bilanzielle Abbildung von Direktzusagen erreicht werden konnten und welche Unterschiede zu den IFRS insoweit auch weiterhin bestehen. Ferner widmet sich die Untersuchung den tradierten steuerlichen Regelungen des § 6a EStG mit dem Ziel, auch für die Steuerbilanz eine zeitgemäße Abbildung von Pensionsverpflichtungen aufzuzeigen.
Das BilMoG hat in Bezug auf Direktzusagen zu weiten Teilen – wie vom Gesetzgeber angestrebt – zu einer Stärkung der Informationsfunktion der deutschen Handelsbilanz geführt. Dies gilt vor allem mit Blick auf die seither zwingende Bewertung der aus Direktzusagen resultierenden Verpflichtungen zum Erfüllungsbetrag und der damit einhergehenden Entkopplung der Handelsbilanz von den steuerlichen Bewertungsvorschriften des § 6a EStG. Die Annäherung an die IFRS ging jedoch – entgegen der Zielsetzung des BilMoG – auch mit einer Fortentwicklung grundlegender handelsrechtlicher Bilanzierungs- und Bewertungs-prinzipien einher. Zu nennen ist insoweit vor allem die konsequente Zeitwertbilanzierung von sogenanntem Deckungsvermögen, das in Analogie zum Planvermögen des IAS 19 zudem einem Saldierungszwang unterliegt. Darüber hinaus bestehen auch weiterhin erhebliche Unterschiede zu den IFRS – von den Diskontierungszinssätzen der Verpflichtungsbewertung über die Grundkonzeption der Erfolgserfassung bis hin zu den Offenlegungspflichten –, welche die weitergehende Zielsetzung des BilMoG, das deutsche HGB zu einer echten Alternative zu den IFRS fortzuentwickeln, zumindest in Bezug auf Direktzusagen ernstlich konterkarieren.
Eine zeitgemäße Abbildung von Direktzusagen in der Steuerbilanz erfordert eine grundlegende Reform der bestehenden steuerlichen Regelungen, ohne jedoch § 6a EStG als steuerliche Ansatz- und Bewertungsspezialnorm an sich abzuschaffen. Mit Blick auf die Bewertung setzt eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Abbildung von Verpflichtungen aus Direktzusagen eine weitgehende Annäherung an die Vorgaben des HGB voraus. Ein begründeter Unterschied zur handelsrechtlichen Bewertung ist einzig in Bezug auf die Rechnungszinssätze zu identifizieren. Eine zeitnahe Reform des § 6a EStG ist im Interesse der Zukunft der betrieblichen Altersversorgung in Deutschland zwingend zu fordern, auch wenn der Fokus des Gesetzgebers mit dem zum 01.01.2018 in Kraft getretenen Betriebsrentenstärkungsgesetz derzeit auf den mittelbaren Durchführungswegen liegt, was die Umsetzung eines solchen – ohnehin sehr herausfordernden – Vorhabens nicht gerade beschleunigen dürfte.