Ein einheitliches Bemessungsverfahren zur Harmonisierung von Sicherheitsnachweisen in der Geotechnik
Elias Manuel Tafur Bances
Für die geotechnische Bemessung in Europa sind nach EN 1997 unterschiedliche Nachweisverfahren erlaubt, die sich in der Faktorisierung der Parameter mit Teilsicherheitsbeiwerten unterscheiden. Zudem werden in EN 1997 Empfehlungen über die Teilsicherheitsbeiwerte sowie Berechnungsmodelle für geotechnische Einwirkungen und Baugrundwiderstände angegeben, die keinen normativen Charakter besitzen. Ein Verfahren zur Festlegung repräsentativer Werte der geotechnischen Kenngrößen ist ebenfalls nicht eindeutig genormt. Jedes Land in Europa darf daher das zu verwendende Nachweisverfahren mit den entsprechenden Teilsicherheitsbeiwerten national festlegen sowie bestimmen, welche Berechnungsmodelle und welches Verfahren zur Ermittlung repräsentativer Werte der geotechnischen Kenngrößen zu verwenden sind. Dies führt europaweit zu unterschiedlichen Sicherheitsniveaus bei der geotechnischen Bemessung.
Das Ziel dieser Arbeit ist die Erarbeitung einer Empfehlung für die geotechnische Bemessung, die ein harmonisiertes Nachweisverfahren mit entsprechenden Teilsicherheitsbeiwerten, die zu verwendenden Berechnungsmodelle für geotechnische Einwirkungen und Baugrundwiderstände und ein Modell zur Ermittlung der repräsentativen Werte geotechnischer Kenngrößen beinhaltet. Nach einer Analyse der Einflussfaktoren auf die geotechnische Bemessung wird ein Nachweisverfahren vorgeschlagen, welches für die Einwirkungen, die Beanspruchungen, die Baugrundwiderstände und die geotechnischen Kenngrößen jeweils einen Teilsicherheitsbeiwert vorsieht.
Für die Bestimmung der Teilsicherheitsbeiwerte und die Erarbeitung eines Modells zur Ermittlung der repräsentativen Werte geotechnischer Kenngrößen werden die in der geotechnischen Bemessung auftretenden Unsicherheiten bei der Parameterfestlegung sowie die Unsicherheit der Berechnungsmodelle untersucht. Dabei wird auf ihre Modellierung mit stochastischen Parametern wie dem Mittelwert und dem Variationskoeffizienten eingegangen. Das erarbeitete Modell zur Ermittlung der repräsentativen Werte geotechnischer Kenngrößen basiert auf einem statistischen Modell. Dabei werden die Unsicherheiten über den Variationskoeffizienten berücksichtigt. Zur Bestimmung der Teilsicherheitsbeiwerte werden Zuverlässigkeitsberechnungen für übliche geotechnische Bauwerke mit unterschiedlichen Randbedingungen und Grenzzustände durchgeführt. Neben den resultierenden Teilsicherheitsbeiwerten wird als Ergebnis eine Mindestanzahl an Versuchswerten für die Bestimmung der repräsentativen Werte geotechnischer Kenngrößen ermittelt.
Anschließend werden die Anwendbarkeit und Akzeptanz der erarbeiteten Empfehlung für die geotechnische Bemessung in Europa im Rahmen von Anwendungsbeispielen vorgestellt. Im Vergleich mit den Bemessungen europäischer Kollegen und Experten zeigt sich, dass mit der hier erarbeiteten Empfehlung ein Sicherheitsniveau im mittleren Bereich der europäischen Bemessungsergebnisse erzielt werden kann.