«Ein Hilfswerk, das gewaltige Ausmasse angenommen hatte»
Otto H. Heim und die jüdische Flüchtlingshilfe in der Schweiz 1935–1955
Barbara Häne
Der Verband Schweizerischer Jüdischer Flüchtlingshilfen (VSJF) spielte eine zentrale Rolle bei der Betreuung jüdischer Flüchtlinge in der Schweiz. Auf dem Höhepunkt seiner Tätigkeit waren rund 23 000 Flüchtlinge beim VSJF registriert. Das Hilfswerk war aus dem Zusammenschluss der Fürsorgestellen verschiedener jüdischer Gemeinden in der Schweiz hervorgegangen und wurde 1934 vom Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund mit der Koordination der Flüchtlingsbetreuung beauftragt.
Der VSJF wurde nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland mit einer stetig steigenden Zahl jüdischer Flüchtlinge konfrontiert und war wesentlich von der Mitarbeit Freiwilliger an seiner Zentralstelle in Zürich abhängig. Das Gentlemen’s Agreement von 1938 zwischen Vertretern der Eidgenössischen Fremdenpolizei und des SIG beinhaltete weitgehende finanzielle Verpflichtungen des Schweizer Judentums für jüdische Flüchtlinge, die das Hilfswerk vor kaum lösbare Probleme stellten.
Zu den massgebenden Personen, die sich für jüdische Flüchtlinge in der Schweiz im VSJF engagierten, gehörte Otto H. Heim. Seine Familie war im Textilhandel tätig und im bürgerlich geprägten jüdischen Umfeld Zürichs gut vernetzt. Heim entwickelte sich bald zu einer Schlüsselfigur im VSJF. Er war ab 1936 zunächst in der Fürsorgekommission der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich tätig und zwischen 1943 und 1968 für den VSJF, den er ab 1945 präsidierte. Das Buch folgt seiner Lebensgeschichte und beschreibt die Reaktionen der schweizerisch-jüdischen Flüchtlingshilfe auf die Folgen der nationalsozialistischen Vertreibungs- und Vernichtungspolitik.